Zwischen Volksfest, Happening und Festival

Der Trassenjam lockt mit seiner zweiten Auflage 4000 feiernde Besucher zum Bahnhof Mirke.

Zwischen Volksfest, Happening und Festival
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Ganz entspannte Menschen, bestens gelaunt, tanzend, stehend, schlendernd, auch auf dem Boden sitzend, die gute Musik und Stimmung genießend, jung wie alt, zufällige Besucher auf der „Nordbahntrasse“ und eingefleischte Fans bevölkerten am Samstag das Gelände hinter dem Mirker Bahnhof: Utopiastadt lud zum zweiten Trassenjam.

Und man kann festhalten, dass es den Veranstaltern durchaus gelungen ist, vielen Menschen einen schönen Nachmittag und Abend ganz im Geiste des Reggae, Dancehall und Dub zu schenken. Und das ohne festen Eintritt. Die Veranstaltung refinanziert sich fast ausschließlich über die Getränkeeinnahmen. Zusätzlich gab es Supporter Tickets — für diejenigen, die das Event gerne auch finanziell unterstützen wollen — für fünf Euro, die bereits am Nachmittag alle verkauft waren.

Dabei lief nicht alles so, wie es ursprünglich geplant war. Dies lag aber weniger an der ganz auf ehrenamtliches Engagement gestützten, somit vielleicht weniger verkrampften, aber dadurch nicht weniger runden und sympathisch gestrickten Organisation, sondern an Umständen, auf die man keinen Einfluss hatte.

Zum einen konnte die angekündigte Beach-Area schlichtweg wegen zu wenig gelieferter Sandmengen nicht geöffnet werden, wie Organisator Julian Dell erklärte. Aber das Gelände bot auch so genug Platz für alle, die es sich gemütlich machen wollten — also war das schon mal kein Verlust.

Zum anderen gab es aber leider auch einen wirklichen Verlust zu beklagen. Der „Headliner“, des Festivals, von allen sehnsüchtig als musikalischer Höhepunkt des Tages erwartet, hatte kurzfristig und, wie Dell erläuterte, recht wortkarg aus „persönlichen Gründen“ abgesagt.

Wieso der namhafte Reggae-Künstler Terry Ganzie seine Fans und die Veranstalter wenige Stunden vor dem geplanten Auftritt hat im Regen stehen lassen, wird wohl ein Rätsel bleiben.

Die Laune ließen sich die Besucher dadurch aber nicht vermiesen. Diesen Eindruck erhielt man, wenn man die Stimmung auf dem Gelände auf sich wirken ließ. Zwischen zahlreichen gastronomischen Angeboten und verschiedenen anderen Ständen entwickelte sich bis in den frühen Abend hinein eine pulsierende Aura — irgendwo zwischen Volksfest, Happening und Musikfestival. Wobei die Musik für viele mehr als inspirierende Untermalung für einen geselligen Nachmittag fungierte, als andauernd im absoluten Fokus zu stehen.

Den Veranstaltern, die bewusst auf professionelles Sponsoring verzichten, lag genau das am Herzen: eine subkulturelle Grundstimmung gespeist aus den Urkräften des Reggae und seiner Sprösslinge möglichst rundum abzubilden. Für die einen hieß das, vor der Bühne tanzend mitzufeiern, für die anderen, sich gemütlich Gesprächen hinzugeben oder einfach nur zu entspannen.

Afrikanisches Essen, Cocktails mit jamaikanischem Flair, Musik und vieles mehr — interkultureller Dialog, ohne es groß auf Fahnen zu schreiben. Wenn gleichwohl vielen in Utopiastadt kulturelles Verständnis und Solidarität sehr am Herzen liegen, wie Dell erklärt.

Die Verbindung zum Reggae ist ja in vielschichtiger Weise gegeben. Auch ohne Ganzie gab es ein reichhaltiges Angebot an musikalischen Höhepunkten aus der lokalen Szene, die sehr vielfältig ist.

Dass Wuppertal eine reggae- und dancehall-begeisterte Stadt ist, wird nicht zuletzt klar, wenn man beispielsweise einen Blick auf das Programm des Klubs an der Gathe riskiert, wo anschließend die Afterparty des Festivals stattfand.

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