„Ziemlich perfekte Bilder“

Markus Willeke zeigt zwei aktuelle Werkgruppen in der Hengesbach Gallery unter dem Titel: „GreenBlindGhostRide“.

„Ziemlich perfekte Bilder“
Foto: Stefan Fries

Ist es ein minimaler Sehschlitz oder eine modische Sonnenbrille, die die knallgelbe Kapuze einmal quer durchschneidet? Augen sind nicht zu erkennen, erst recht kein Gesicht. Genau wie bei den anderen großflächigen Anorakbildern der entsprechend „Ghost“ betitelten Serie von Thomas Willeke. „Es geht ihm um die Verstellung des Blicks, wir sehen und sehen doch nicht“, erklärt Rolf Hengesbach. Der Galerist stellt ab Sonntag zum vierten Mal den in Berlin lebenden Maler in Wuppertal aus. In seiner Berliner Galerie zeigte er ihn schon zweimal, beteiligte sich maßgeblich an der großen Ausstellung, die der gebürtiger Recklinghausener in der dortigen Kunsthalle bis Anfang April bestritt. Die Wuppertaler bekommen nun einen Ausschnitt davon zu sehen — der in die natürlich kleineren Räume der Hengebach Gallery an der Vogelsangstraße passt.

An die 25 Bilder aus zwei Werkgruppen, die ab 2017 entstanden, hängen in vier Räumen in Wuppertal. 2,25 mal 1,50 Meter große und 70 mal 50 Zentimeter kleine. Willeke arbeitet mit Acryl- oder Ölfarbe, die er schnell auf Leinwand aufträgt. Impulsiv, flüchtig, mit schnellem, frischem Pinselschwung. Hengesbach schätzt den 1971 geborenen Künstler dafür: „Er hat eine sehr hohe malerische Qualität, wegen der Art wie er mit der Fluidität der Farbe umgeht und wegen seiner Themen.“

Willeke studierte an der Kunstakademie Münster, seine Kunst ist durch die amerikanische Lebenswelt geprägt, die sich in der europäischen Jugendkultur der 80er und 90er Jahre niederschlug. Seine zentralen Themen sind Schnelligkeit, Flüchtigkeit, Unübersichtlichkeit, Künstlichkeit und visuelle Überflutung. Er malte Tattoo geschmückte Männerrücken oder Kinderzeichnungen auf Fensterscheiben, die so aussahen, „dass man das Gefühl bekam, dass sie sich auflösen, wenn die Sonne darauf scheint“.

Er malte amerikanische Schulbusse oder eben die Ghost-Bilder, die auf Internet-Präsentationen von Mode zurückgehen. Gesichts- und körperlose Hoodies, die durch strukturierte Flächen in den Kapuzen, einen Schatten zwischen Ärmel und Korpus oder durch eine leichte Drehung des Reißverschlusses beinahe zufällig Körperlichkeit erlangen.

Hinzu kommen als zweite Werkgruppe die namenlosen Plastiktüten. Wegwerfprodukt, flüchtig sowie Symbol der Konsumgesellschaft und ihres plakativen Designs. Sie liegen nicht etwa platt am Boden, sondern stehen aus sich selbst heraus. Wirken räumlich, lebhaft. Sind keine Abbilder — Willeke verwendet keine Originalfarben — und erinnern doch stark an ihre echten Vorbilder.

Zwar basieren sie auf Fotos — so wie Ghosts auf Internetfotos zurückgehen —, sind aber Produkt minutiöser und zeitintensiver Vorarbeit. Willeke gehe gut und subtil mit der Farbe um, suche lange nach der richtigen, um diese dann spontan richtig aufzutragen, ohne sich zu korrigieren, beschreibt Hengesbach: „Er selbst sagt, dass es dann am besten sei, wenn er sich beim Malen keine Gedanken mehr machen muss.“

„GreenBlindGhostRide“ ist der Titel der Galerie-Ausstellung. Ein Wortspiel, das zwar nur die Werkgruppe der gesichtslosen Kleidungsstücke wörtlich aufgreift, an weitere Bilderserien (die der zerstörten Jalousien und der Achterbahnen) Willekes erinnert und zugleich wieder auf die Unzulänglichkeiten der Sichtbarkeit Bezug nimmt. „Ziemlich perfekte Bilder. Ich bin ein großer Fan seiner Arbeiten“, schwärmt Hengesbach.

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