Zeugin sagte nicht aus — Freund freigesprochen

Die Frau hatte schwere Vergehen angezeigt, dann machte das Paar einen Neuanfang.

Zeugin sagte nicht aus — Freund freigesprochen
Foto: Werth

Sprockhövel. Ohne Zeugenaussage kann es selbst bei Sachbeschädigung, Körperverletzung und Todesdrohungen nicht zur Verurteilung kommen. Diese traurige Auflistung an Verfehlungen war einem 31-jährigen Sprockhöveler zuletzt vor dem Hattinger Amtsgericht vorgeworfen worden. Der arbeitslose Koch soll im vergangenen Januar einen folgenschweren Wutanfall bekommen haben, nachdem ihm und seiner Familie wegen mehrfachem Zahlungsverzugs der Strom abgestellt worden war. So war wohl auch bei ihm der „Strom weg“, als er — so der Vorwurf — ohne Führerschein zu einer gemeinsamen Fahrt zur AVU nach Hattingen aufbrach und nach erfolglosen Gesprächen auf der Rückfahrt zunächst das Handy seiner Freundin zertrümmerte und ihr anschließend mit der flachen Hand ins Gesicht schlug. Außerdem soll er laut Ausführungen der Staatsanwaltschaft gesagt haben, dass er sie umbringen und ihr die gemeinsame, zwei Monate alte Tochter wegnehmen werde. Die gleichaltrige Lebenspartnerin war daraufhin sofort zur Polizei gegangen und brachte die Geschehnisse zur Anzeige.

Doch vor dem Amtsgericht schien nun alles vergessen zu sein. Das Paar habe inzwischen einen Neuanfang gemacht, sei verlobt und wolle im nächsten Jahr heiraten. Dieser formelle Umstand gestand der Freundin nun eine Zeugenverweigerung zu, von dem sie unter Sprachvermittlung einer Dolmetscherin schließlich auch Gebrauch machte. Da wenig überraschend auch der Beschuldigte schwieg, blieb Staatsanwalt und Richter zähneknirschend nichts anders übrig, als die Akte zuzuklappen. Auch wenn der Angeklagte mehrfach wegen Betrugs und Fahrens ohne Führerschein vorbestraft war, musste die Anklage aus Mangel an Beweisen eingestellt werden. „Glauben Sie, dass die ganzen Leute, die hier wegen Ihnen ran müssen, das alles nur zum Spaß machen?“, kommentierte der empörte Richter den Freispruch und riet der verdutzten Zeugin: „Gehen Sie nie wieder zur Polizei. Das ist dann ihre Privatsache.“ Den Angeklagten verabschiedete der Vorsitzende der Verhandlung indes mit der Prognose: „Vielleicht sehen wir uns hier ja demnächst wieder, womöglich dann mit einer anderen Frau.“

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