Zeit für einen Neustart

Wuppertal. In dieser Woche sind die Mitglieder der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Wuppertal, Solingen, Remscheid (IHK) neu gewählt worden. Sollte das jemand nicht mitbekommen haben, ist das kein Grund, sich zu grämen.

Lothar Leuschen.

Lothar Leuschen.

Die anderen 99 Prozent im Bergischen Städtedreieck wussten es auch nicht. Das hat Gründe. Denn die Vollversammlung der hiesigen IHK ist bisher eher als Netzwerken bei Kaffee und Kuchen aufgefallen. Wirklich wahrnehmbar ist sie nicht. Dabei darf jeder Anerkennung und Respekt erwarten, der sich für das Parlament der Wirtschaft genannte Gremium zur Verfügung stellt. Denn Unternehmer und Geschäftsführer, erfolgreiche Fachleute auf allen Gebieten des Wirtschaftslebens, haben mit Sicherheit auch ohne Mandat bei der IHK jeden Tag genug zu tun.

Aber ein Mandat verpflichtet. Wer Parlament der Wirtschaft sein will, der muss mitreden wollen. Bisher ist die Vollversammlung stumm, wenn es um die Vertretung der Wirtschaft im Bergischen Land geht. Das ist misslich, weil die Unternehmen auch von sonst niemandem vertreten werden. Zumindest in Wuppertal ist aktive kommunale Wirtschaftspolitik nicht mehr zu erkennen.

Dabei liegt einiges im Argen. Auf den Autobahnen im Bergischen bilden jeden Tag Tausende von Autos und Lastwagen kilometerlange Staus. In den Städten strapazieren Schlaglöcher die Stoßdämpfer von Fahrzeugen. Die Versorgung mit schnellem Internet ist mindestens lückenhaft, in manchen Gebieten sogar überhaupt nicht vorhanden. Wuppertal mangelt es an großen Gewerbeflächen, die aber dringend notwendig sind, um bestehenden und neuen Unternehmen Perspektiven zu bieten.

All das spricht der amtierende IHK-Präsident Thomas Meyer zwar regelmäßig an. Aber es klingt nach Klage, nicht nach Forderung. Also geschieht auch nichts.

Das mag daran liegen, dass der Hauptgeschäftsführer der IHK, Michael Wenge, nicht müde wird zu betonen, dass die IHK nicht politisch sei und neutral bleiben wolle. Er ist offenbar zufrieden mit einer IHK als Beratungsbehörde mit Zwangsmitgliedschaft. Das ist ja auch gemütlicher. So bleibt die Kammer allerdings weit unter ihren Möglichkeiten, verglichen etwa mit den Schwestern in Düsseldorf oder am Niederrhein.

Das wirft die Frage auf, wer denn profilbildend für das Bergische Land wirken soll, wenn nicht die Bergische IHK. Stattdessen machen märchentraumhafte Visionen von der Mitgliedschaft in der Metropolregion Rheinland Karriere. Doch im aktuellen Zustand ist das Städtedreieck darin nicht mehr als ein Wurmfortsatz, ein Steigbügelhalter für Köln und Düsseldorf.

Dagegen kann die Vollversammlung etwas tun. Sie muss nur mehr sein wollen als der Wahlverein für den Präsidenten und Netzwerkkaffeekränzchen. Sie soll schließlich die Richtlinien der Kammerpolitik bestimmen. Sie muss den Präsidenten fordern.

Die 80 Mitglieder des Parlamentes der Bergischen Wirtschaft sind frisch gewählt. Das ist ein sehr guter Zeitpunkt für einen Neustart.

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