Wuppertals Moscheevereine distanzieren sich von "Sharia Police"

Die Streife der selbsternannten Ordnungshüter widerspreche dem Islam-Verständnis der meisten Muslime in Wuppertal, sagt Samir Bouaissa, Sprecher des Interessenverbandes der Wuppertaler Moscheen, im WZ-Interview. Die Aktion der Salafisten hält er vor allem für Provokation und PR.

Samir Bouaissa würde gerne mehr tun, um junge Muslime aufzuklären und damit schwerer erreichbar zu machen für Extremisten.

Samir Bouaissa würde gerne mehr tun, um junge Muslime aufzuklären und damit schwerer erreichbar zu machen für Extremisten.

Foto: Schinkel

Gestern ist bekannt geworden, dass eine selbsternannte "Scharia-Polizei" in Elberfeld patroulliert. Wie haben Sie darauf reagiert?

Samir Bouaissa: Ich konnte ich es erst gar nicht glauben. Ich hatte vorher noch nie von so etwas gehört. Ich kann nur ausdrücklich betonen, dass die Wuppertaler Moscheen weder informiert noch beteiligt waren. Und sich auch nicht an solchen Maßnahmen beteiligen werden. Wir verstehen auch nicht was von der Gruppe mit diesen Aktionen bezweckt wird. Außer zu provozieren und damit wieder in den Medien präsent zu sein. Jeder Bericht und jede Stellungnahme zu diesen Provokationen wertet sie in ihren Augen weiter auf.

Fürchten Sie nicht, dass die Botschaften der Salafisten auf fruchtbaren Boden fallen könnten?

Bouaissa: Wir sind der Überzeugung, dass Menschen die ihren Glauben genau kennen und dessen wahren Werte verinnerlicht haben, nicht von platten Parolen und vermeintlich einfachen und geraden Wegen verführt werden können. Nach unserem Glaubensverständnis ist jeder Mensch frei in seinen Entscheidungen und muss sich ausschließlich vor Gott für möglich Sünden rechtfertigen und nicht vor selbsternannten Sittenwächtern wie einer Scharia-Polizei. Abgesehen davon: Einen Menschen in der Öffentlichkeit wegen möglicherweise begangener Sünden bloßzustellen, widerspricht nach meiner Überzeugung grundlegenden Regeln des Umgangs. Auch das sagt die Scharia!

Wie wollen die Gemeinden solchen Strömungen begegnen? Was können Sie überhaupt tun?

Bouaissa: Eine unserer Wichtigsten Aufgaben ist es gerade junge Muslime durch Aufklärung und qualifizierte Unterweisung durch entsprechende Imame und Theologen, gegen solche Verlockungen zu wappnen. Auch ein Ausbau unserer bestehenden Angebote für Jugendliche und Heranwachsende ist dringend erforderlich. Denn sie sind unsere Zukunft. Wir brauchen sie hier und nicht bei irgendwelchen bewaffneten Auseinandersetzungen. Wir würden gerne noch viel mehr tun, sind aber durch unsere begrenzten Mittel und Ressourcen eingeschränkt. Sie müssen wissen, alle unsere Aktivitäten werden von ehrenamtlichen Kräften geplant und durchgeführt. Und sind vor allem ausschließlich über Spenden finanziert. Diese Ressourcen sind wie in jedem anderen Verein, begrenzt. Ansonsten rufen wir dazu auf: "Überlasst Ordnungsaufgaben, den dafür qualifizierten und ausgebildeten Damen und Herren von der Polizei und den kommunalen Ordnungsdiensten! Die haben nämlich den Auftrag dazu!"

Ihre Einschätzung: Wie gefährlich sind die jungen Männer?

Bouaissa: Das kann ich nicht einschätzen. Bisher ist es ja zum Glück zu keinen Übergriffen gekommen und die Polizei scheint die Lage sehr gut im Griff zu haben. Sollten sich die Befürchtungen der Polizei bewahrheiten, und es werden tatsächlich junge Menschen für den Bewaffneten Kampf gesucht, dann wäre dies in der Tat eine sehr große Gefahr.

Ihre Einschätzung: Sind das “Missionare” aus dem Umfeld der Klophausstraße?

Bouaissa: Da ich die Herren von der Klopphausstr. nie kennen gelernt habe, kann ich das nicht sagen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort