Wuppertal Wuppertal hat keine Chance gegen Spielhallen

Ab 1. Dezember sollen schärfere Regeln beim Glücksspiel greifen. Die Stadt kann aber kurzfristig fast gar nichts tun.

Wuppertal hat keine Chance gegen Spielhallen
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Wuppertal. Für die Politiker in der Bezirksvertretung Elberfeld sind Spielhallen ein Dauerthema — vor allem die an der Gathe. Jetzt hofft Bezirksbürgermeister Hans Jürgen Vitenius, dass sich das bald ändert. Denn ab dem 1. Dezember soll der bereits 2012 verabschiedete Glücksspielstaatsvertrag umgesetzt werden und das sollte für ein Ende der Ballungen von Spielhallen sorgen. Wird es aber vorläufig nicht.

In Wuppertal gibt es laut Steueramt aktuell 835 Spielgeräte in 69 Spielhallen — und 445 Automaten in 226 Gaststätten. Ballungen gibt es etwa an der Gathe in Elberfeld oder an der Berliner Straße in Oberbarmen. Der Glücksspielstaatsvertrag soll diese Zahl reduzieren. Demnach müssen Betreiber von Spielhallen nicht nur eine gewerberechtliche Erlaubnis haben, sondern auch eine glücksspielrechtliche Erlaubnis. Die hängt an Bedingungen wie der Einhaltung des Jugendschutzes oder der Aufklärung über Suchtrisiken. Darüber, so Ordnungsdezernent Matthias Nocke (CDU), sei aber keine signifikante Reduzierung von Spielhallen möglich.

Daneben gibt es vermeintlich handfestere Regeln, die eingehalten werden müssen. So liegt der Mindestabstand zwischen zwei Spielhallen laut Staatsvertrag bei 350 Metern Luftlinie. Mehrfach-Spielhallen sind verboten. Aber auch das ist kein definitives Kriterium, wie Nocke erklärt. Denn die meisten der Spielhallenbetreiber, die einen Antrag auf die glücksspielrechtliche Erlaubnis gestellt haben, hätten das direkt mit einem Härtefallantrag verbunden. Das sei möglich, etwa wegen langfristiger Mietverträge oder getätigten Investitionen, die noch nicht ausgeglichen worden seien.

Bisher habe es 15 Erlaubnisse gegeben, so Nocke. Fünf davon wegen Ausnahmeregelungen. Bei den meisten Anträgen stünden aber noch die Begründungen für diese Härtefallregelungen aus.

Kämmerer Johannes Slawig geht davon aus, dass etwa zehn Spielhallen akut von einer Schließung betroffen sein werden. Bei denen habe es einen Besitzerwechsel gegeben und von daher gebe es keinen Bestandsschutz. Nocke sagt: „Wenn es zehn werden, wäre das gut.“ Er gibt zu, er hätte sich ein „schärferes Schwert“ von der Regierung gewünscht, um gegen Spielhallen vorgehen zu können.

Für die Stadt ist das aber erst einmal gut, bleiben doch die Steuereinnahmen aus den Spielumsätzen hoch. 2017 waren das laut Slawig bisher sieben Millionen Euro. Slawig rechnet aber mit einer langfristigen Schließung vieler Betriebe — etwa, wenn Mietverträge auslaufen. Für die kommenden Haushaltsüberlegungen geht er von einer schrittweisen Reduktion der Einnahmen aus.

Michael Eulgem vom Deutschen Automaten-Verband aus Köln prognostiziert für Wuppertal trotz allem eine Schließungsquote von 40 bis 50 Prozent bei den Spielhallen.

Für die Bezirksvertreter sind das nicht so gute Nachrichten. Zwar hat sich Hans Jürgen Vitenius gefragt, wie die Regelungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag umgesetzt werden sollen. Aber er sagte bereits mit einem gewissen Optimismus, dass es eine „riesen Erholung“ sei, wenn Spielhallen eingedämmt würden. Als Bezirksvertreter befasse er sich seit 20 Jahren damit — so lange wie er in der BV sitze.

Auch Christel Simon, Bezirksbürgermeisterin aus Oberbarmen, wäre nach eigener Aussage „sehr froh“, wenn es weniger Spielhallen, etwa an der Berliner Straße, gebe. Die Anwohner sehen den Stadtteil deswegen in Verruf, sagt sie. Teilweise sorge die Klientel für Angsträume auf der Straße. Auch sieht sie mit Sorge, dass Menschen, die sowieso wenig Geld haben, das wenige dann auch noch in die Spielhallen trügen. Für sie gehen mit den Spielhallen auch soziale Probleme einher.

Dass aber Spielsüchtige weniger spielen, wenn es weniger Hallen gibt, davon geht keiner aus. Johannes Slawig sagt das ebenso wie Michael Eulgem als Interessenvertreter der Spielindustrie. Letzterer warnt sogar davor, dass man so die soziale und gesetzliche Kontrolle verliere.

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