Wuppertal Wohnen in ehemaliger Polizeiwache

Ava Weis lebt in der Wittensteinstraße 108. Dort arbeiteten früher Polizeibeamte. Doch vieles aus der Geschichte liegt noch im Dunkeln.

Wuppertal: Wohnen in ehemaliger Polizeiwache
Foto: Andreas Fischer

Unterbarmen. Es war immer ein Gerücht. „Das habe ich ja auch schon als Kind gehört“, sagt Ava Weis (30) und schmunzelt. Im Haus Wittensteinstraße 108 soll sich einst die Unterbarmer Polizeiwache befunden haben. So lange, bis die Nazis Ende der 1930er Jahre ihren Bau in die Nachbarschaft setzten: An der Friedrich-Engels-Allee ist auch noch heute das Polizeipräsidium untergebracht. Dass die Polizei aber auch lange Jahre an der Wittensteinstraße ihren Sitz hatte, wissen nur Eingeweihte.

„Spuren sind ja auch nicht mehr viel zu sehen“, sagt Ava. Die Tochter von Schauspielerin Angelika Bartsch — die mittlerweile wieder in der alten Heimat Hamburg lebt — war mit ihren Eltern dorthin gezogen, als sie zehn Jahre alt war. Nach dem Abi zog sie erst einmal ins Ruhrgebiet — kehrte aber vor einigen Jahren wieder nach Wuppertal zurück. „Jetzt wohne ich mit meinem Mann hier — und unseren Katzen“, sagt sie.

Das Haus ist momentan ein bisschen Baustelle. „Das ist unser Langzeitprojekt“, sagt Weis. „Wir wollen es dem Urzustand wieder näher bringen.“ Ein bis zwei Tage die Woche renovieren Ava und ihr Mann. Unter Zeitdruck wollen sie aber nicht setzen lassen. „Dafür machen wir es mit Liebe“, sagt Ava und lacht.

Von außen ist die Baustelle gar nicht so zu sehen. Die Fassade strahlt „und demnächst ist auch die Tür dran“, kündigt die 30-Jährige, die als freischaffende Autorin und Fotografin arbeitet, an. „Guckt mal, den Engel habe ich schon freigelegt“, sagt sie und zeigt auf die kleine, fein geschnittene Holzfigur, die unter mehreren Schichten Lasur versteckt lag.

Über der Tür ist auch einer der wenigen Hinweise auf die mögliche alte Nutzung des Hauses zu sehen. In der runden, nun leeren Ausbuchtung könnte früher das Polizeiwappen gehangen, daneben in der Halterung eine Fahne gesteckt haben. Vermutet jedenfalls Manfred Görgens. Der Journalist und Mitarbeiter des Stadtmarketings war über Weis auf die interessante Geschichte der Wittensteinstraße 108 gestoßen.

„Da dachte ich mir, das wäre doch eine schöne Station für unsere Krimi-Tour.“ Die Neugierde bei Görgens war geweckt. War da wirklich eine Polizeiwache? Die Polizei selbst sei zunächst skeptisch gewesen. „Die brauchen ja immer Beweise.“

Doch um die zu bekommen, musste er tief graben. Unterlagen zum Haus wie etwa Baupläne gibt es nämlich nicht mehr. „Alles im Krieg zerstört“, weiß Görgens jetzt. Zwischen 1869 und 1875 muss das Baujahr liegen, mehr ließ sich bislang nicht feststellen.

Ein großer Haken seien aber auch die öfter wechselnden Straßenbezeichnungen gewesen. Was heute Wittensteinstraße 108 ist, hieß früher anders, zum Beispiel Besenbruchstraße 24a. Unter diesem Namen fand er schließlich Infos in alten Adressbüchern im Stadtarchiv. „Dort war wirklich eine Polizeiwache aufgeführt“, erklärt Görgens. Sogar die Namen derer ehemaligen Wachtmeister standen dort. Gettschoreck und Otto senior.

„Wir haben früher hier auch eine alte Straßenkarte an der Wand gehabt“, erinnert sich Weis an ihre Kindheit. Auch da sei die Polizeiwache zu sehen gewesen. Dafür spreche auch die alte Raumaufteilung des Hauses. „Viele kleine Zimmer, vermutlich Büros“, sagt Weis. Mittlerweile ist die Aufteilung viel offener geworden. Und Gefängniszellen? „Vielleicht im Keller“, vermutet die Hausherrin. Aber auch das sei eine der vielen Fragen, die noch offen seien.

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