Wuppertal Wo die kleinen Kinder spielen

Das „Tammel Tammel“ hat im Tal eine Lücke gefüllt - für Eltern mit Kindern bis drei Jahre. Solche Angebote für ganz Junge nehmen zu.

Wuppertal. Der elf Monate alte Semih sitzt in der Ecke des Bällebades und wird beworfen — nicht böswillig. Er scheint es zu genießen, dass seine Mama ihn mehr und mehr unter den bunten Bällen vergräbt. Seine dunkle Latzhose aus Cord verschwindet zusehends, der kleine Bär darauf geht auf Tauchstation — und Semih grinst mit strahlenden Kinderaugen vor sich hin.

Wuppertal: Wo die kleinen Kinder spielen
Foto: Andreas Fischer

Seine Mutter, Fidan Yildirim, kommt regelmäßig mit ihren Freundinnen hierher, an die Bundesallee 217. Hinter großen Fensterscheiben, die den Blick zu Wupper und Schwebebahn freigeben, verbringen sie Zeit mit den Kindern und miteinander - und haben Zeit für sich. Denn das Tammel Tammel bietet für Kinder bis drei Jahre, was es sonst in Wuppertal kaum gibt: Einen Platz für Eltern mit Kleinkindern, an dem Kinder spielen können und Eltern Zeit finden, sich mal zu unterhalten und Kaffee zu trinken. Auf 160 Quadratmetern gibt es einen Sandkasten, einen großen Bereich mit Matten, auf dem die Kleinen spielen können - und die Eltern dabei sitzen, auf dem Boden oder den Bänken, die rund um den Raum laufen.

Ein kleiner Junge von etwa einem Jahr schiebt eine blaue Schaumstofftreppe am Bällebad vorbei, Levana Sturms Tochter Arya (elf Monate), nutzt die Chance, auf die Treppe zu klettern, als der Junge sie loslässt. Sturm ist mit Yildirim und Denise von Pohlheim mit Sohn Ben da. „Wir kommen eigentlich immer zusammen“, sagt Sturm. „Gerade bei schlechtem Wetter“, ergänzt von Pohlheim. Noch haben sie Zeit dafür. Aber am Montag geht die Eingewöhnung bei der Tagesmutter los und Sturm und von Pohlheim fangen bald wieder an zu arbeiten. Die gemeinsame Zeit wollen sie sich aber auch dann nehmen. Das Tammel Tammel ist ihnen wichtig, es gehört dazu.

Dabei gibt es das Café noch gar nicht so lange. Ji Eun Kim, die Betreiberin, hat es erst im März 2016 aufgemacht. Sie kannte das Prinzip aus Korea, wo sie herkommt. Ihr Mann Manuel Löckmann kannte die Idee aus Berlin, wo er studiert hat. „Als wir unser erstes Kind bekommen haben, hatte meine Frau oft das Gefühl, komisch angeguckt zu werden, wenn sie mit ihm ins Café ging.“ Nirgendwo habe es ein Café gegeben, wie sie es aus Korea oder er es aus Berlin kannte - für Eltern mit kleinen Kindern. Das wollte sie ändern. Sie hat ein Praktikum bei einem solchen Café in Düsseldorf gemacht und dabei nach Räumen gesucht. Es hat ein Jahr gedauert, bis sie den Mietvertrag für das Café in der Hand gehabt habe, erzählt sie — während immer wieder kleine Kinder durch den Raum krabbeln oder vom Sandkasten bis zu den Matten um die Wette rennen.

Raphael Sommer spielt mit Alessia (2,5) am Sandkasten. Sein Sohn Ricardo krabbelt auf ihn zu und zieht sich an seinen Händen hoch. Sein türkisfarbener Pulli verrät, dass er heute ein Jahr alt wird. Seine Eltern feiern das in der Babylounge - auch weil der Kindergarten geschlossen ist. „Für Krabbelkinder ist das ideal“, findet Sommer. Die Familie kommt seit einem Jahr regelmäßig.

Es scheint, als wachse das Angebot für Eltern mit Kindern der Altersstufe in der ganzen Stadt - neben dem Tammel Tammel gibt es auch das Café Lumini an zwei Standorten. Und auch das Angebot an Kursen für kleine Kinder ist groß - Pekip-Gruppen und ähnliches gibt es mittlerweile etwa bei den Krankenhäusern, der VHS, der Katholischen und Evangelischen Familienbildungsstätte, der Alten Feuerwache und auch beim Tammel Tammel. „Wir wollen das Angebot ausbauen und suchen noch Kursleiter“, sagt Löckmann.

Cornelia Weidenbruch, beim Jugendamt für die Tageseinrichtungen verantwortlich, weiß darum. „Die Nachfrage nach all diesen Angeboten steigt“, sagt sie — ebenso wie die Zahl der Kinder in der Stadt. Für viele Eltern gehe es darum, sich und ihren Kindern Kontakt zu ermöglichen - nicht isoliert zu Hause zu sein.

Das sagt auch Manuel Löckmann: „Heute kriegen Eltern Kinder, die schon berufstätig waren. Denen fällt die Decke auf den Kopf, wenn sie nur zu Hause bleiben können.“

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