Wuppertals Wirtschaft strebt ins Reich der Mitte

In der Stadthalle treffen sich 300 Experten und Unternehmen zur Premiere des deutsch-chinesischen Automobil-Kongresses.

Wuppertals Wirtschaft strebt ins Reich der Mitte
Foto: Hanno Rademacher

Wuppertal. Die Dimensionen könnten unterschiedlicher nicht sein. Hier Wuppertal, mit 355.000 Einwohnern die Hauptstadt des Bergischen Landes, dort Dongguan, die chinesische Provinzstadt, die fünf Millionen Einwohner zählt. Und doch scheint sich da langsam, aber sicher eine gedeihliche Zusammenarbeit zu entwickeln. Es ist deshalb kein Zufall, dass sich 300 Experten und Unternehmen aus ganz Deutschland und aus China in der Stadthalle zum 1. deutsch-chinesischen Automobilkongress treffen. Die Deutschen haben, was die Chinesen gern hätten, die Chinesen haben, was deutsche Unternehmen dringend benötigen. Hier technisches Wissen, ausgereifte Produktionsprozesse und hochwertige Erzeugnisse, dort Geld.

„Der Kongress war schnell ausgebucht. Wir hatten mehr als 350 Anmeldungen“, sagt Hanno Rademacher von der Wuppertaler Wirtschaftsförderung. Die Teilnehmerzahl ist auf 300 begrenzt. Das Wuppertaler Pilotprojekt scheint den Nerv des Marktes zu treffen. Indiz dafür ist, dass sich eine beträchtliche Delegation aus China angekündigt hat. Die Fachleute im Reich der Mitte haben längst eine Antenne dafür, wo gute Geschäfte zu machen sind. In Wuppertal zum Beispiel. „Hier sind inzwischen 250 Arbeitsplätze in chinesischen Firmen entstanden“, heißt es aus der Wirtschaftsförderung. Erste Firmenübernahmen hätten zu größeren Investitionen und zusätzlichen Arbeitskräften geführt.

Noch ist Wuppertal in der Kooperation mit China ein kleines Licht. „Aber es gilt, da zu sein, wenn sich etwas entwickeln könnte“, sagt Wuppertals Stadtkämmerer. In Abwesenheit von Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD) leitet Slawig in seiner Eigenschaft als Stadtdirektor die Delegation, die am 22., Oktober für eine Woche nach China fliegt. Kontakte knüpfen, Kontakte pflegen, sind zentrale Punkte auf dem Reiseplan. Einige Unternehmen sind in der Wuppertaler Reisegruppe vertreten.

Die mittelständischen Automobilzulieferer sind seit Jahr und Tag international wettbewerbsfähig. Das soll sich in China in barer Münze auszahlen. „Wir bereisen die Ostküste, haben einige Termine mit Vertretern der chinesischen Wirtschaft“, erklärt Slawig. Und auch ein Besuch der Partnerstadt Dongguan steht an. Mit der erst 30 Jahre alten Millionenstadt pflegt Wuppertal intensiven Austausch. Er reicht bis hin zu Praktika von Verwaltungsmitarbeitern in der jeweils anderen Stadt. „Wir sind nicht miteinander vergleichbar“, sagt Slawig. Eine Gemeinsamkeit könnte sein, dass auch chinesische Kommunen hoch verschuldet sind. Aber anders als in Deutschland ist dort vieles noch planwirtschaftlich organisiert.

Die Wirtschaft hingegen ist weitgehend entfesselt. Chinesische Unternehmen sind überall auf der Welt mit dem Scheckheft unterwegs. Davon will auch Wuppertal profitieren. Zwar genießt die Stadt nicht den Ruf wie etwa Hamburg, München oder Berlin. Aber einen Vorteil hat sie gegenüber den deutschen Metropolen: Friedrich Engels öffnet Türen. „Da haben wir ein Alleinstellungsmerkmal. Mit dem Engelshaus können wir Punkte machen“, sagt Slawig. Und Hanno Rademacher spricht vom „roten Tournismus“, der Wuppertal in Zukunft guttun könnte.

Erste Anzeichen dafür gibt es bereits. Zuletzt stattete die chinesische Botschafterin bei der Europäischen Union dem Engelshaus einen Besuch ab. Und vor wenigen Tagen weilte eine große chinesische Delegation aus Frankfurt am Main dort. „Deshalb wird die Erweiterung des Engelshauses auch vom Land gefördert. Es hat eine große Bedeutung für Wirtschaftsförderung und Tourismus in Wuppertal“, erklärt Slawig.

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