Kardinal Rainer Maria Woelki kritisiert Primark-Ansiedlung

Rainer Maria Woelki geißelt auf dem Neujahrsempfang der IHK den „Manchesterkapitalismus“ der Textilkette.

Kardinal Rainer Maria Woelki kritisiert Primark-Ansiedlung
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Vielleicht lag es am Festredner, vielleicht war die außerordentlich hohe Zahl an Gästen auch Ausdruck für einen neuen Teamgeist im Bergischen Land. Auf jeden Fall sind am Mittwoch fast 1200 Unternehmer, Amts- und Funktionsträger aus Wuppertal, Solingen und Remscheid der Einladung in die Stadthalle gefolgt. Dort gab die Bergische Industrie- und Handelskammer (IHK) ihren Neujahrsempfang.

Wer vor allem wegen des Festredners gekommen war, wurde nicht enttäuscht. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki tat, was viele von ihm erwartet hatten. Er erklärte, er mahnte. Aber nicht jedem Gast wird gefallen haben, wie der Kirchenmann an die soziale Komponente wirtschaftlichen Handelns erinnerte.

Woelki sprach vom Geld, das keinen Selbstzweck habe, sondern der Gestaltung des Zusammenlebens dienen müsse. Er erinnerte an die Finanzkrise, deren Wurzel schnöde Gier gewesen sei. Er geißelte, dass deren Folgen von der Gemeinheit getragen wurden, während die Gierigen zuvor den Nutzen hatten.

So manchem Kommunalpolitiker wird schmerzlich in den Ohren klingen, wie Woelki die mögliche Filiale des Textildiscounters Primark am Döppersberg sieht. „Dass in einer Stadt, in der Friedrich Engels geboren wurde, in der Adolf Kolping wirkte und in der das Elberfelder Fürsorgemodell entstanden ist, das städtebauliche Zukunftsprojekt durch ein Geschäft besetzt wird, das für Manchesterkapitalismus pur steht, fordert schon heraus“, sagte der Kardinal.

Primark soll Hauptmieter im Gebäude werden, das zwischen Köbo-Haus und Hauptbahnhof entsteht. Der irische Textildiscounter ist in die Kritik geraten, weil er seine Waren unter teils unwürdigen Bedingungen in der Dritten Welt herstellen lassen soll. „Hier bleibt zu hoffen, dass mit dem sozialen Selbstbewusstsein der Stadt und der Region Einfluss genommen wird auf die Produktionsbedingungen eines Unternehmens, das mehr an der Rendite als an den Lebensbedingungen der Männer und vor allem der Frauen interessiert ist, die das fertigen, was unseren Kindern und Jugendlichen am nächsten ist: Klamotten.“

Vor Kardinal Woelki hatte IHK-Präsident Thomas Meyer das Bergische Städtedreieck einmal mehr auf Kooperation eingestimmt. In einer fiktiven Rede, die in zehn Jahren sein Nachfolger an der Spitze der IHK halten könnte, würdigte Meyer die Segnungen des Zusammenrückens von Wuppertal, Solingen und Remscheid: Der Industrie geht es gut, Migranten werden besser gefördert, die Duale Ausbildung ist langfristig gesichert, in Remscheid und Solingen sind Uni-Standorte eröffnet worden, Produkte und Prozesse mit dem Gütesiegel Made im Bergischen haben einen Siegeszug angetreten.

„Haben Sie Mut zu Veränderungen. Wenn wir es nicht tun, werden andere es für uns tun“, forderte der IHK-Präsident von seinen Gästen.

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