„Wir wollen Kirche für die Stadt sein“

Die evangelischen Gemeinden laden für den Reformationstag am 31. Oktober zum großen Gottesdienst in die Historische Stadthalle ein.

„Wir wollen Kirche für die Stadt sein“
Foto: Stefan Fries

„Was macht, dass ich so fröhlich bin?“ heißt das Motto des Gottesdienstes, zu dem die evangelischen Gemeinden am Reformationstag, 31. Oktober, 11 Uhr, in die Historische Stadthalle einladen. Es entstammt ebenso wie das Motto des Reformationsjubiläums „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit“ einem Psalmgedicht von Hanns Dieter Hüsch. Die Vertonung des Gedichts wird auch Teil des festlichen Gottesdienstes sein. Welche Rolle die Musik in dem Gottesdienst hat und wie Gemeinschaft heute Christen fröhlich macht, darüber sprach die WZ mit Ilka Federschmidt, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Wuppertal, Kirchenmusikdirektor Jens-Peter Enk und Anke Borchardt, Presbyterin aus Cronenberg.

„Wir gehen in die Stadthalle, weil wir Kirche in der Stadt und für die Stadt sein wollen. Und zum Jubiläum wollen wir im Geiste der Reformation raus gehen aus den eigenen Kirchenmauern“, erklärt Ilka Federschmidt.

Vorbereitet hat den Gottesdienst eine Arbeitsgemeinschaft evangelischer und freikirchlicher Gemeinden der Stadt. „Wir hoffen, dass alle mitmachen“, sagt Ilka Federschmidt. Eingeladen seien auch katholische Christen „und alle, die möchten“.

Um viele Menschen anzusprechen, wird es Musik unterschiedlicher Stilrichtungen geben, „nicht nur moderne Lieder, sondern auch Reformationslieder“, erklärt Jens-Peter Enk. „Ich glaube, uns ist eine ganz gute Mischung gelungen.“ So wird es traditionelle Lieder mit Orgelbegleitung, aber auch neue Lieder zum Beispiel mit Saxofon und anderen Instrumenten geben, darunter den Song „Wir sind Gottes Kinder“ aus dem Pop-Oratorium „Luther“.

Der Gottesdienst endet mit der Psalm-Kantate „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit“ nach dem Hüsch-Gedicht, gesungen von einem eigens für den Gottesdienst gebildeten Projektchor mit rund 60 Sängerinnen und Sängern. „Sie stammen aus unterschiedlichen Gemeinden oder gehören gar nicht zur Kirche“, erklärt Jens-Peter Enk. Die Instrumentalstimmen sind Saxophon, Flügelhorn, Posaune, Klavier und E-Bass. Das Projekt „macht allen Beteiligten richtig Spaß“, berichtet Enk mit leuchtenden Augen. Die Teilnehmer hätten ihn bereits gefragt: „Was machen wir danach?“

Der Chor ist auch beteiligt bei der Predigt, bei dem Zitate von Luther, Calvin und der Reformatorin Argula von Grumbach mit aktuellen Themen in Verbindung gebracht und in Szene gesetzt werden.

Projektarbeit und ihre inspirierende Wirkung kennt Jens-Peter Enk von seiner Gemeinde Unterbarmen, wo sich der Chor für die halbjährlichen Konzerte jeweils neu formiert: Neue kommen hinzu, andere scheiden aus, aber „das Netzwerk hat viel Ausstrahlung“, betont Enk. Er erlebe „ganz viel Vertrauen und Begeisterung“. Dazu trage auch bei, dass sie nicht singen, sondern auch öfter nach der Probe zusammen essen. „Die Teilnehmer erlebten dann „Kirchenraum als Gemeinschaftsraum“.

Von Vertrauen und Gemeinsamkeit berichtet auch Anke Borchardt. Die evangelische Gemeinde in Cronenberg habe eine schwierige Zeit nach der Fusion der beiden evangelischen Gemeinden hinter sich. Inzwischen hätten sich die Finanzen stabilisiert, gemeinsam hätten sie neue Nutzungen für Kirchenbauten als Treffpunkt und Kita gefunden. Viele Ehrenamtliche hätten sich beteiligt, „das ist schon klasse“, berichtet Anke Borchard begeistert. Das Schöne sei, dass das Engagement und der Zuspruch aus der Gemeinde sich gegenseitig bedingen: „Da ist ganz viel Vertrauen.“

Mit Blick auf das Jubiläumsjahr sagt sie: „Reformation kann man ja nicht einfach kopieren. Man muss überlegen, was ist bei uns an der Zeit?“ Sie stelle sich Luther vor, wie er von vielen Seiten bedroht, aber überzeugt war, dass Gottes Gnade nicht von der Fürsprache der Mächtigen abhing. „So denken wir auch: Der Segen kommt von ganz oben.“

Die Gemeinde habe entschieden, es sei an der Zeit, in Menschen zu investieren: Sie will eine dritte Pfarrstelle einrichten, damit die Pfarrer neben den Gottesdiensten auch Zeit für anderes haben. Zudem denken sie über neue Formen nach: „Wir wollen neue Orte finden, um miteinander zu kommunizieren“, erklärt sie. Eine Idee sei „das rote Sofa“, eine Gesprächsrunde auf Plätzen im Stadtteil wie dem Bielsteinplatz oder vor dem Gartenhallenbad.

Ilka Federschmidt sieht das Reformationsjahr nicht nur als Gedenkveranstaltung: „Das Jubiläumsjahr 2017 ist ein toller Anfang. Aber Reformation ist nicht nur ein historisches Ereignis, sondern ein bleibender Anstoß für unsere Kirche und die Frage, wie Glauben Verantwortung in unserer Gegenwart übernehmen kann.“

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