„Wir veranstalten ein Fest der Toleranz“

Ein Ramadanzelt stand am Wochenende vor dem Rathaus. Muslime luden zum Fastenbrechen ein.

„Wir veranstalten ein Fest der Toleranz“
Foto: Anna Schwartz

Barmen. Wer fastet, muss ein gehöriges Maß an Selbstdisziplin mitbringen und darf sich auch durch auf dem Tisch stehende Speisen nicht verleiten lassen. Wie das funktioniert, haben Muslime und Besucher beim gemeinsamen Iftar-Fest bewiesen, das am Freitag- und Samstagabend vor dem Barmer Rathaus stattgefunden hat.

Von etwa 20 bis 21.30 Uhr sitzen sie unter Zelten an langen Tischen, vor sich Teller mit Fladenbrot, Salat und Schalen mit Datteln. Gesprochen wird viel, gegessen wird (noch) gar nichts. Erst als die Sonne untergeht und das Bittgebet erklingt, darf zugegriffen und gemeinsam gegessen werden.

Rund 900 Menschen begehen an diesem Abend gemeinsam das Iftar, das Fastenbrechen im Ramadan, das mit Einbruch der Dämmerung einsetzt. Zum zehnten Mal steht in diesem Jahr das sogenannte Ramadanzelt vor dem Rathaus. Ein runder Geburtstag, der von rund 20 Moscheegemeinden in der Stadt unterstützt wird, erklärt Mohamed Abodahab, der Vorsitzende der Interessenvertretung Wuppertaler Moscheen, am Freitag zum Auftakt der beiden Veranstaltungstage.

Dabei verstehe man das Ramadanzelt ausdrücklich als Fest für alle Bürger, egal welcher Glaubensrichtung. „Wir veranstalten hier ein Fest der Toleranz und freuen uns, wenn möglichst viele Menschen kommen“, sagt Abodahab.

Dass die Zeiten für den interreligiösen Diskurs schon einmal einfacher waren, kann Abodahab angesichts der Wahlerfolge der AfD, der Debatte um das Kopftuchverbot und der andauernden Diskussion, ob der Islam zu Deutschland gehört, nicht bestreiten. Gleichwohl und gerade deshalb sei eine solche Veranstaltung eine gute Möglichkeit, „für mehr Verständnis“ für den Islam zu werben, sagt er.

Das Fastenbrechen ist der Höhepunkt an beiden Abenden, davor gibt es ein breites Unterhaltungsprogramm. Das El-Raudha-Ensemble aus Osnabrück trägt islamische Gesänge vor, verdiente Vertreter der Moscheegemeinden und Helfer bei der Organisation des Festes werden geehrt, für Kinder gibt es einen Malwettbewerb, Koran-Rezitatoren treten auf.

Zudem wird auch für den muslimischen Friedhof in Varresbeck gesammelt, der neben dem christlichen und dem jüdischen Friedhof entstehen soll. Bislang habe man rund 120 000 Euro zusammen, rund 500 000 Euro werden benötigt, erklärt Abodahab.

Dass Fasten eine wertvolle Erfahrung für Körper, Geist und Seele sein kann, unterstreicht Duaa Aresmouk. Die Wuppertalerin ist Fachärztin am Medizinischen Versorgungszentrum Hagen und glaubt fest an die positive Wirkung des vorübergehenden Verzichts auf Nahrung. Fasten helfe bei Krebserkrankungen und sei auch bei Diabetes-Patienten ein sinnvoller Behandlungsansatz. Zudem stifte das Fasten mit anderen ein besonderes Gemeinschaftsgefühl. Wer da nicht mitmache, fühle sich „ausgeschlossen“.

Je weiter es im Laufe des Abends in Richtung Sonnenuntergang geht, desto betriebsamer wird es: Alu-Packungen mit Hühnchen und Reis werden an den Tischen verteilt, immer wieder ertönt die Ansage, dass auf jeden Fall genug zu essen für alle Besucher da sei. In diesem Jahr werden die Speisen erstmals von einem nahegelegenen Restaurant geliefert, vorher waren die Mahlzeiten in einer Moscheegemeinde gekocht worden.

Zum Fastenbrechen sind gleich mehrere Vertreter der Stadt, Landtags- und Bundesabgeordnete sowie Vertreter der christlichen Kirchen eingeladen. Für die Stadt begrüßt Sozialdezernent Stefan Kühn am Freitagabend die Besucher. „Wir sind stolz auf die Vielfalt in unserer Stadt“, sagt er. Immerhin rund 170 Nationen lebten derzeit in Wuppertal. Und auch wenn es Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vielleicht anders sieht: „Der Islam gehört zu Wuppertal und zu Deutschland“, erklärt Kühn. Die Muslime seien ein „Teil der Gesellschaft“ und gestalteten das Leben in der Stadt mit.

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