Winzige Welten voller Gleise: Modellbahnfreunde in der Stadt

60 Jahre Wuppertaler Modelleisenbahnclub, eine AG an der Schule Dönberg – die Szene in der Stadt ist groß.

Wuppertal. In einem alten, unscheinbaren Haus im Hinterhof an der Hatzfelder Straße verbergen sich winzige Städte und Landschaften voller Gleise. Früher waren sie in einem alten Eisenbahnwaggon der Deutschen Bahn zu finden. Der perfekte Ort für diese kleine Zug-Welt. Der Modelleisenbahnclub Wuppertal (MEC) feiert in diesem Jahr sein 60-jähriges Bestehen. Und blickt auf viele Veränderungen zurück.

In den Anfängen vor 60 Jahren zogen sich die Modelllandschaften und -gleise 14 Meter lang durch den Zug-Waggon. Und weil es Modeleisenbahnen zur damaligen Zeit nur wenige gab, ging der Zug mit der Modellbahn auf große Tour, sogar bis nach Italien. Die mitfahrenden Mitglieder wurden unterdessen in einem Mannschaftswagon untergebracht. "In 15 Jahren haben s etwa vier Millionen Menschen die fahrende Modellbahnschau gesehen", schätzen die Clubmitglieder.

Irgendwann wurde der Wagon zu klein, größere Räume mussten her. An der Steinbeck war der Club bis 1999 daheim. Der neue Standort an der Hatzfelder Straße bietet noch mehr Platz für eine von Grund auf neugebaute digitale H0-Großanlage. Auch ein Modell des Döppersberg ist dabei. Hauptbahnhof, Post und Sparkasse fehlen genauso wenig wie das alte Koch-am-Wall-Gebäude.

Kleinere Baustellen sind zu sehen. Der Castortransporter zieht sich durch eine nur halbfertige Landschaft, hier und da sind kleine Schönheitsreparaturen fällig, umgefallene Figuren müssen wieder aufgestellt werden. Aber alles in allem gibt die Bahn ein mehr als stimmiges Bild ab, wenn der ICE sich durch die Schweizer Berge schlängelt und in einem Nachbau des Bonner Hauptbahnhofs hält.

Als Lutz Finke vor 20 Jahren den Grundstein für die "Modelleisenbahnträume 2010" legte, ahnte er noch nicht, wie schwer seine Arbeit im 21. Jahrhundert werden würde. Der Mathematiklehrer war schon immer ein Liebhaber der Eisenbahn. Da er privat nie genug Platz für eine raumgreifende Modellinstallation hatte, gründete er kurzerhand die "Eisenbahn AG" an der Erzbischöflichen Tagesschule Dönberg. Das Ergebnis von 15 Jahren Arbeit am Eisenbahnmodell konnten Schüler, Eltern und Besucher am Wochenende in der Grund- und Hauptschule bewundern.

Dabei merkten die Modellbaufans nicht, mit welchen Problemen Lutz Finke seit Jahren zu kämpfen hat: "Die Schüler können heute nicht mal mit einem Schraubenzieher umgehen", sagt der AG-Leiter. Einen Nagel gerade in ein Stück Holz zu schlagen, sei für viele Schüler, die in der siebten Klasse zum ersten Mal den Werkunterricht besuchen, ein "Ding der Unmöglichkeit", so Finke. "Früher habe ich mit meinen Schülern die Kontakte der Eisenbahn gelötet. Das kann man mit Schülern, die noch nie einen Lötkolben gesehen haben, nicht mehr machen."

Doch Mathe-Lehrer Finke erlebt auch immer wieder, wie groß die Begeisterung nach den ersten ungeschickten Werkversuchen werden kann. 17 Schüler bilden zurzeit die "Eisenbahn AG" am Dönberg. Doch auch ehemalige Schüler kommen zu Höhepunkten wie den "Modelleisenbahntäumen" zurück an alte Wirkungsstätte. "Wir brauchen zwei Tage für den Aufbau des Modells, da können wir jede Hilfe gebrauchen", sagt Finke und ist froh, dass auch immer einige Väter Spaß daran haben, das Modell im Maßstab 1:87 weiter zu verbessern.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die "Modelleisenbahnträume 2010" begeisterten am Wochenende Groß und Klein. Währen der 14-jährige Daniel an den Reglern den Ton angibt und die Geschwindigkeit der Züge und Loks die Geschwindigkeit bestimmt, glänzen beim Anblick der liebevoll gestalteten Modelllandschaft auch die Augen der Väter wie bei kleinen Kindern.

"Das Modell ist toll", findet auch Eisenbahnfan Walther Camphausen, der selbst eine Merklin-Modellbahn besitzt. Der Lehrer im Ruhestand weiß aber auch, worum es eigentlich geht: "Noch toller ist, dass die Jugendlichen so ein sinnvolles Hobby und Anerkennung bekommen.

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