„Winterlandschaft“: Alfred Sisleys Blick von der Terrasse

Der Brite zählt zu den wichtigsten impressionistischen Künstlern.

„Winterlandschaft“: Alfred Sisleys Blick von der Terrasse
Foto: Gerd Neumann

Wuppertal. Passend zur Jahreszeit liegt unser Blick heute auf dem Werk „Winterlandschaft“ (1888) von Alfred Sisley. Trotz seines späten posthumen Erfolges gehört der Brite zu den wichtigsten impressionistischen Künstlern, wohl auch, weil er trotz zunächst mangelnder Anerkennung eben diesem Stil konsequent treu blieb. Das Bild gehört seit 1959 zur Sammlung des Von der Heydt-Museums und ist zurzeit in der Ausstellung „Degas & Rodin - Giganten der Moderne“ zu sehen, die am 26. Februar endet.

Auf dem Gemälde abgebildet ist der Bahnhof von Moret-sur-Loing, einer kleinen Gemeinde nahe Paris. Während im Hintergrund einzelne Waggons zu sehen sind, gehen in der mittleren Bildebene schemenhaft dargestellte Personen spazieren. Ergänzt wird die Szene durch mehrere kahle Bäume, die einen Kontrast zur sonst eher waagerecht angelegten Komposition bilden.

Der Künstler beobachtet das Geschehen von seiner eigenen Terrasse aus, denn er nutzte Moret-sur-Loing nicht nur als Inspiration für seine Werke, sondern lebte auch selbst bis zu seinem Tod dort. Diese Verbindung von Ort und Malerei sowie die Absicht, die Umgebung von Paris in seinen Bildern festzuhalten, machten ihn zum Maler der Ile-de-France - eine Besonderheit, da Sisley als Kind englischer Kaufleute nie die französische Staatsbürgerschaft erwarb, obwohl er dort aufgewachsen war. In seinen Werken versuchte Sisley, vor allem die flüchtigen Momente des Tages und der vorbeifliegenden Wolken festzuhalten. Dabei bildete der Himmel für den Künstler nicht nur einen bloßen Hintergrund, sondern ein gestalterisches Element, mit dem sich Tiefe und Bewegung im Bild erzeugen lässt.

Vor allem im Verhältnis zur Lichtstimmung beeinflussten Wolken die Komposition grundlegend. Der ständige Wechsel aus Licht und Schatten sowie die damit verbundene atmosphärische Stimmung interessierten ihn dabei am meisten. So fertigte er häufig mehrere Ansichten in einer Serie an, die sich nur durch einen Tages- oder Jahreszeitenwechsel unterschieden. Auch unser Blatt gehört zu einer solchen Serie von acht Blättern, in welchen er den Blick aus seinem Haus in einem Winkel von 180 Grad schilderte. Besonders angezogen fühlte er sich von der winterlich verschneiten Landschaft. Mit ihrer geheimnisvollen Stille konnte sich der als zurückhaltend und einzelgängerisch beschriebene Künstler eher identifizieren als mit sommerlich lichtdurchfluteten Landschaften.

Generell zählten verschneite Landschaften zu den Lieblingsmotiven der Impressionisten, da sich die variierenden Lichtverhältnisse nur durch eine nuancenreiche Farbpalette wiedergeben ließen. Mit seinen subtilen, von Zartheit geprägten Bildern ist es Sisley gelungen, die Natur in all ihren Nuancen darzustellen und so in die Geschichte der Landschaftsmalerei einzugehen. Dabei blieb er stets seinem kleinen, fast intim wirkenden Bildformat treu.

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