Wuppertaler Traditionskneipen Wilder Weiber-Stammtisch bei Winkelmann

Seit 1660 besteht die Wirtschaft auf der Straße Einern, wo sich Damen aus der Nachbarschaft regelmäßig treffen.

Wuppertaler Traditionskneipen: Wilder Weiber-Stammtisch bei Winkelmann
Foto: Andreas Fischer

Einern. Sie treffen sich alle zwei Wochen montags um 18 Uhr und sind bekannt wie bunte Hunde: die fünf Damen vom „Weiber-Stammtisch“ in der Gaststätte Winkelmann auf Einern. Sie alle kennen zahlreiche Dönekes, die sich um das Lokal und deren Gäste drehen. Darum hat sich Wally Hauke bei der WZ gemeldet, um gemeinsam mit drei ihrer Stammtisch-Schwestern — die vierte war verhindert — ihr Lieblingslokal vorzustellen.

Beim Gespräch in einer der ältesten Wirtschaften der Stadt erntet die Damenriege manch kritischen Blick von anderen Gästen, wenn sie wieder laut auflachen. „Die kennen uns hier alle und wissen, dass es laut wird, wenn wir kommen“, berichtet Wally Hauke vergnügt. „Das ist wie eine große Familie“, ergänzt Brigitte Jonas, die seit 35 Jahren regelmäßig zu „Winkelmann“ geht. „Sogar unsere Freunde aus dem tiefsten Cronenberg kommen hierhin, weil es ihnen so gut gefällt.“

Gemütlich ist es in dem alten Fachwerkhaus mit seinen drei kleinen Räumen — und vergleichsweise ruhig. „Hier gibt es keine Spielautomaten oder Musik, man kann sich gut unterhalten“, sagt Ute Lange. „Außerdem kann man als Frau alleine hierhin gehen“, betont Brigitte Jonas.

1660 wurde das klassische bergische Haus mit seinen weißen Wänden und den schwarzen Balken neu gebaut. „Es war im Dreißigjährigen Krieg zerstört worden“, weiß Karin auf der Brücken, Inhaberin der Gaststätte und Urgroßenkelin der namensgebenden Familie Winkelmann. „Es ist belegt, dass der erste Wirt Johann Peter auf Einern war, der 1701 verstorben ist.“ Zur Historie kann Reinhild Schneider vom Weiber-Stammtisch auch einiges beisteuern: „Das Haus hier war der Oberhof vom Kloster Werden in Essen. Der Oberhof hatte die Aufgabe, für die Nahrungsmittel des Klosters zu sorgen.“ Außerdem, so weiß die Rentnerin zu berichten, hätten früher die Fahrer der alten Kohlenstraße, die über den Mollenkotten und Einern verlief, hier Rast eingelegt.

Das Gebäude wurde nach dem Dreißigjährigen Krieg gebaut

Die niedrigen Decken zeugen davon, dass die Menschen früher deutlich kleiner waren als heute. Stichwort für eine der zahlreichen Anekdoten des Stammtischs, die damit endet, dass sich große Männer ständig den Kopf an den niedrig hängenden Lampen stoßen. Wie aufs Stichwort öffnet sich wenige Minuten später die Tür und Ex-Oberbürgermeister Peter Jung, bekanntermaßen ein stattlicher Mann, tritt bei „Winkelmann“ ein. Die Damen um Wally Hauke sind begeistert. Noch während Jung die Gäste in der kleinen Wirtsstube begrüßt, passiert das Unvermeidliche — er stößt sich den Kopf. Der Weiber-Stammtisch bricht in schallendes Gelächter aus.

Inzwischen ist es 19 Uhr und die Wirtschaft ist gut gefüllt. Die meisten Gäste essen eine der bergischen Kleinigkeiten, die eigens auf Platt und Hochdeutsch in der Karte stehen: Hönnerzöppken (Hühnersuppe), klenet Woaschbütterken (kleines Wurstbrot) oder dicke Schief Fleeschmagen met Ärpelschloat (dicke Scheibe Schwartemagen mit Kartoffelsalat) sind nur einige der Gerichte zur Auswahl. „Die Schnittchen schmecken hier einfach viel besser als zuhause“, lobt Wally Hauke.

Bis zur Sperrstunde wollen sie und ihre Freundinnen an diesem Abend nicht bleiben. Aber sie erinnern sich noch an die Zeit, als die inzwischen verstorbene Wirtin Hilde demonstrativ mit dem Putzeimer durch die Gaststube ging. Reinhild Schneider kann sogar noch den Spruch rezitieren, den die Gäste seinerzeit hinter vorgehaltener Hand aufsagten: „Mit dem Eimer kommt dann Hilde, und ein jeder ist im Bilde.“

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