Wie aus kleinen Teiglingen Weckmänner werden

Die Produktion für das Gebäck läuft kurz vor St. Martin auf Hochtouren. Ein Bäckermeister lässt sich über die Schulter schauen.

Wie aus kleinen Teiglingen Weckmänner werden
Foto: Andreas Fischer

„Es ist wie bei den Menschen, jeder Stutenkerl sieht anders aus“, sagt Andreas Reimeier. Der Bäckermeister der Traditionsbäckerei Myska spricht natürlich von dem Männlein aus Hefeteig, das besonders zur Martinszeit beliebt ist und bei vielen Laternen-Umzügen an die Kinder verteilt wird. Gerade zeigt der 32-Jährige in der geräumigen Backstube der Bäckerei Myska an der Aue 14/16 wie aus kleinen Teiglingen das Martins-Gebäck geformt wird.

Es riecht nach Mehl, auf dem Backtisch lässt Reimeier gleichzeitig die Hände kreisen. Unter einer Art Krallengriff formt er so aus zwei Portionen klassischem Hefeteig ruck zuck einen einzelnen Teigling. Ein Selbstversuch zeigt, dass schon dieser erste Arbeitsschritt Fingerspitzengefühl benötigt. Lässt man den Teig zu lange unter der Hand kreisen, pappt er auf der Arbeitsfläche fest. „Kein Problem, das braucht Übung“, sagt der Bäckermeister und kratzt die Teigreste vom Tisch. Etwa 110 Gramm der Masse werden pro Weckmann verarbeitet. Das Rezept für den Teig ist kein Geheimnis, erklärt Reimeier. „Es ist der Grundteig, der auch für Rosinenbrötchen verwendet wird.“ Mehl, Wasser, Salz und Hefe — mehr Zutaten braucht es nicht. „Das ist Handwerk, wie es auch vor 150 Jahren praktiziert wurde.“

Danach ist nicht weniger Fingerfertigkeit gefragt. Andreas Reimeier nutzt beide Hände gleichzeitig. Mit einer rollt er flach über den Teigling, um den Körper des Hefemännchens in Form zu bringen. Die andere Hand hält er, als würde er zu einem Handkantenschlag ansetzen. Nach ein paar fließenden Bewegungen ist auch der Kopf des Männchens zu erahnen.

Eine deutlich schwierigere Übung für Amateure. Der Kopf gleicht beim ersten Versuch eher einem nicht sehr ansehnlichen Klumpen. „Es kommt mit der Übung“, tröstet der Bäckermeister. Übung hat Reimeier reichlich. Seit 16 Jahren ist er in Backstuben tätig, seit fünf Jahren bei Myska.

Der grob in Form gebrachte Weckmann darf jetzt je nach Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit circa 30 Minuten ruhen, damit der Teig schön locker wird, bevor er weiter in Form gebracht wird — der Körper wird jetzt flacher. Als nächstes drückt der Bäckermeister zwei Rosinen für die Augen in den Teig. In der Martinswoche läuft die Produktion auf Hochtouren. Bis zu 500 Weckmänner werden während der normalen Produktion gefertigt. „Da bei uns alles frisch in den Filialen gebacken wird, fangen wir ab Mitternacht an zu arbeiten“, sagt Reimeier, bevor er mit zwei schnellen Bewegungen mit einem Messer Arme und eine Aussparung für die Tonpfeife freilegt. Für einen ansehnlichen Glanz wird das Gebäck jetzt noch mit Ei überstrichen, bevor es in den Ofen kann — zwölf Minuten bei bis zu 220 Grad. Und wie isst der Bäcker seinen Weckmann? „Am liebsten pur zusammen mit einem Cappuccino.“

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