EInzelhandel Wenn Traditionsläden schließen

Immer mehr alteingesessene Geschäfte geben auf. Was passiert mit der Innenstadt ohne sie? Und welche Rolle spielt das geplante FOC?

EInzelhandel: Wenn Traditionsläden schließen
Foto: Andreas Fischer

Zentrum. An der Poststraße sieht das Schaufenster des Juweliers Abeler derzeit etwa so aus wie dessen Internetseite. Schwarz-weiß-rote Aufkleber und Banner weisen auf die Schließung und den vollständigen Ausverkauf hin - nach 178 Jahren. Henrick Abeler schließt das Traditionsgeschäft zum Ende des Jahres, ein Jahr nachdem er auch das Museum des Hauses schon aufgeben musste. Was dann in die Räume kommt, könne er noch nicht sagen, sagt Abeler. Aber er werde auf entsprechende Qualität achten. Gastronomie oder einen Billigladen, wie sie so immer häufiger in der Innenstadt zu finden sind, will er anscheinend nicht in den Räumen haben.

Dass aber ein weiteres Familienunternehmen die Räume übernimmt, ist unwahrscheinlich. Jedenfalls bekommt den Eindruck, wer mit Ralf Engel, Geschäftsführer des Rheinischer Einzelhandels- und Dienstleistungsverbands spricht. Er sagt, dass gerade an der Poststraße die Unsicherheit wegen des Anschlusses an den neuen Döppersberg und wegen des geplanten FOCs verhindere, dass sich neue Geschäfte ansiedeln.

Auch Angelika Finkernagel aus dem Vorstand der IG 1 bestätigt das. Sie spricht von einem „Vakuum, was die Ansiedelung neuer Einzelhandelsformate betrifft“. Es sei immer noch nicht bekannt, ob und wann das FOC komme und welche Inhalte und Marken dort platziert würden. Dadurch zögen sich auch Händler zurück oder es kämen eben keine neuen.

Aber auch andernorts mussten Wuppertaler Abschied von alten Bekannten nehmen — etwa an der Luisenstraße, wo das Spielwarengeschäft Willy Müller & Söhne im Oktober 2016 geschlossen hat. Müller hatte der WZ gegenüber schon prognostiziert, dass es schwierig werden würde, einen Nachmieter zu finden. Statt eines normalen Einzelhändlers ist dann auch ein Showroom für Tische eingezogen. Der Betreiber der Firma „Tables & Co“ ist nicht erreichbar gewesen. Aber seiner Facebook-Seite nach lässt sich jedenfalls zumindest von hoher Kundenzufriedenheit sprechen. Der Verkauf, der einmal die Woche samstags stattfindet, bedarf anscheinend keiner großen Änderungen am Objekt. Der neue Mieter hat ein Banner zu Straße Am Heckweiher hin aufgehangen. Auf der Vor- und Rückseite des Gebäudes sind noch die alten Schilder von Müller und den Spielzeugmarken zu finden.

Auch der damals letzte Hutmacher der Stadt, Hut Küpper, hat bereits 2012 aufgegeben — weil die Tochter der Geschäftsführerin weggezogen ist. Für Engel ein häufiges Problem, weil der Nachwuchs oft fehlt, um die Traditionsgeschäfte zu übernehmen. Küpper wäre 160 Jahre alt geworden.

Ende August 2016 schloss auch Foto Leimberg am Wall und erst im Juni gab die Parfümerie Rutten auf. Wenn das FOC denn öffnet, wird auch das Sticherhaus leerstehen, weil WMF in das Outlet Center umziehen will, dessen Eröffnung bisher unsicher scheint.

Auch wenn es aussieht, als gebe es gerade eine Häufung von Geschäftsaufgaben, sieht Angelika Finkernagel das anders: „Der Strukturwandel im Elberfelder Einzelhandel vollzieht sich seit den 70er Jahren. Es ist kein Phänomen, das erst seit gestern zu beobachten ist.“

Teil dieses Wandels ist die Ausbreitung der Gastronomie, größtenteils Ketten. „Das ist für mich die eigentliche ’Katastrophe’“, sagt Engel — die auch über Traditionsgeschäfte hinausgeht. Engel befürchtet, dass die Stadt vor allem die Textil-Geschäfte verliert und nur noch Gastronomie bekommt. Aktuelle Beispiele bestätigen das: Wo früher Rossmann war, entsteht die L’Osteria, auch beim Sticherhaus geht das Gerücht um, dass eine Fast-Food-Kette einziehen soll.

Als Gegenbeispiel sieht Finkernagel die Neuansiedlung des Innenaustatters Depot an der Schlössersgasse 1 — oder eben die Langlebigkeit von Fachgeschäften wie Buchhandlung von Mackensen, Schuhaus Königsmark, Brillen Arlt, Tisch und Bett, Hosen Sacco Etage.

Auch Engel sieht in deren Spezialisierung das Geheimnis: Die Läden müssten vor allem mit der Zeit gehen und sich Nischen suchen. Als Beispiel zählt auch Engel die Buchhandlung von Mackensen auf. „Dort findet man Sachen, die man woanders nicht findet, die es bei den großen Ketten nicht gibt.“ So etwas empfiehlt er auch den anderen Einzelhändlern.

Dazu spiele natürlich auch die Lage eine Rolle, sagt Engel. Das Luisenviertel ziehe eben auch andere Kunden als die Innenstadt — und ist weniger vom Döppersberg getroffen.

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