Initiative Wenn Homosexuelle alt werden

In Wuppertal setzt sich die Gruppe „Immer dabei“ für ältere Schwule ein. Auch die Stadt ist involviert.

Initiative: Wenn Homosexuelle alt werden
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Jürgen Wittkowski und Manfred Rüb sind „immer dabei“. Die beiden 67 und 66 Jahre alten Männer leiten die Gruppe mit dem gleichen Namen für ältere Lesben und Schwule in Wuppertal. Sie wollen damit gealterten Lesben und Schwulen die Möglichkeit geben, sich auszutauschen, kennenzulernen und etwas zusammen zu unternehmen. Gleichzeitig soll die Gruppe aber auch eine politische Ebene haben. Denn es geht auch darum, sich auf das Alter vorzubereiten und politisch Einfluss zu nehmen, so die Beschreibung der Aktivitäten auf der Homepage.

Die Gruppe ist gut eingebunden in die städtischen Initiativen. Sie nimmt Teil am Runden Tisch und am „Fachaustausch Gleichgeschlechtliche Lebensformen im Alter“, hilft bei der Organisation des Christopher Street Day. Das einzige Problem: Es mangelt an Gleichgesinnten, an Menschen, die mitmachen. „Wir waren einmal um die 20“, sagt Jürgen Wittkowski. Jetzt sind sie bei ihren monatlichen Treffen meist weniger als fünf Teilnehmer.

Er hätte schon einige Male das Handtuch werfen wollen, sagt Wittkowski. Aber bei den überregionalen Treffen habe man ihn immer wieder ermutigt.

Dass das Thema relevant ist, zeigt sich daran, dass Wittkowski und Rüb nicht die einzigen sind, die sich damit befassen. Die Gruppe ist entstanden aus dem Immer-dabei-Netzwerk NRW aus Köln, das sich für ältere Schwule und Lesben einsetzt. Auf der Seite des Vereins heißt es: „In Nordrhein-Westfalen leben mindestens 230 000 Lesben und Schwule, die 65 Jahre und älter sind. Tendenz steigend. Für sie gibt es bislang kaum Angebote. Weder die lesbisch-schwule Community noch die Einrichtungen der offenen Seniorenarbeit sind vorbereitet auf gleichgeschlechtliche Lebensformen im Alter.“

Daran soll sich etwas ändern. Auch bei der Stadt. In Wuppertal sind die städtischen Alten- und Pflegeheime bereits mit im Boot bei den Gesprächsrunden. Ulrich Renziehausen, Leiter der städtischen Einrichtungen, wünscht sich, von Initiativen wie „Immer dabei“ mehr über die Bedürfnisse Homosexueller in Wohnheimen zu lernen. „Ich bin kein Typ, der isolierte Wohnbereiche möchte“, sagt er, aber er habe auch Stimmen gehört, die das begrüßten, sagt er. Wenn jetzt der „Fachaustausch“ im März tage, sei die Wohnsituation für ältere Homosexuelle ein wichtiges Thema auf der Agenda. Für Renziehausen zur rechten Zeit. Denn etwa durch den Umbau des Heims an der Neviandtstraße entstünden Freiräume in den eigenen Häusern, die man für neue Wohnprojekte nutzen könne.

Für ihn ist dabei wichtig, dass die Männer und Frauen sich wohlfühlen. Man müsse Vertrauen gewinnen. Denn die Generation Homosexueller, die jetzt alt sei, sei noch unter Paragraf 175 des Strafgesetzbuchs aufgewachsen, der Homosexualität bis 1994 unter Strafe gestellt hat. Man müsse Rücksicht nehmen auf deren Erfahrungen.

Die Stadt steht aber noch am Anfang ihrer Bemühungen, sagt Martina Völker von der Gleichstellungsstelle für Frau und Mann. Deswegen möchte sie auch die Gruppe „Immer dabei“ unterstützen. Denn es brauche Stimmen aus der Community, Initiativen, die der Stadt Hinweise geben. Aktuell sei man aber noch nicht soweit. „Wir wissen noch nicht, was gewünscht ist“, sagt sie. Bisher weiß man auch noch nicht, was es bisher gibt. Deswegen sollen Wohn- und Pflegeprojekte aus anderen Städten demnächst vorgestellt werden.

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