Wenn Dörte aus Heckinghausen Eliza wird

„Bühnenschau“ im Opernfoyer: Was man über „My Fair Lady“ und „Die Zofen“ wissen muss.

Wenn Dörte aus Heckinghausen Eliza wird
Foto: Andreas Fischer

„Hier ist richtig viel los in der Bude“, schwärmt Dörte am Ende. Hinter der Frontfrau der „Barmer Küchenoper“ liegen gute 65 Minuten Power-Entertainment in der Oper. Am Sonntagnachmittag hatte die Heckinghausener Kultfigur im Kronleuchterfoyer des Hauses erstmals ihre ureigene „Bühnenschau“: Sie nahm die aktuellen Stücke von Oper, „My Fair Lady“, und Schauspiel, „Die Zofen“ unter die Lupe — unterhaltsam, zugleich erhellend und natürlich auf eine Art und Weise, die die Zuschauer so noch nicht erlebt hatten.

Wenn Dörte kommt, dann werden kulturelle Grenzen überwunden, finden Gegensätze zueinander. Stolz schreitet sie im rosafarbenen 60-er Jahre Schick die „Startreppe“ in ihr Wohnzimmer im Foyer herab. Das atmet den Charme der Adenauer Republik, vom tannengrünen Sesselduo über Nierentisch und Plüsch-Stehlampe bis hin zum Zeitungsständer, der vom Reclamheft über Shakespeare bis zur „Bäckerblume“ keine Wünsche offen lässt. Dank selbst gehäkeltem Eierbecherhalter und Schwebebahn-Fan-Schal fühlt sich Dörte im Tempel der Hochkultur richtig wohl, hat die Lacher auch bei ernsten Themen stets auf ihrer Seite. Kostprobe: „’Die Zofen’ sind schon ein harter Tobak, danach braucht man schon mal einen Eierlikör.“

Das Musical „My Fair Lady“ in 15 Minuten darstellen? Für Dörte kein Problem. Mit Hilfe der „lebendigen Inhaltsangabe“ Svea Schenkel vom Pädagogikteam der Bühnen und drei Freiwilligen aus dem Publikum wird die Geschichte vom Wuppertaler Platt sprechenden Blumenkind, das Hochdeutsch und zugleich die große Liebe (kennen-)lernt, in Zeitraffer durchgespielt. Am Ende wird sogar der Eierschneider dialektfrei intoniert und singen alle „den Wein am Rhein trinkt keiner gern allein“. Nur die Frage nach dem Auserwählten — ist es der „schöne Freddy vom Toelleturm“ oder Professor Higgins, dem Eliza/Dörte Doolittle beim Kampf um jede Silbe näher gekommen ist — bleibt bis zur nächsten Musical-Vorstellung offen. Dafür erfahren die Zuschauer von Marco Agostini, der den Jamie tanzt, ansonsten im Opernchor singt und Betriebsratsvorsitzender ist, dass die Stimmung im Ensemble „wieder richtig gut ist“.

Hinab geht es vom beschwingten Musikstück in den „Keller des menschlichen Daseins der ’Zofen’“. Auch hier bringt Dörtes Schnoddrigkeit, die traurige Geschichte um drei Frauen nahe, die sich bis zum Tod mit Hass quälen und erniedrigen. Lena Vogt, die die Zofe Claire spielt, hilft dabei. „Ich habe das Stück zweimal gesehen und habe nachts wild davon geträumt. Wie muss es dann erst den Schauspielerinnen gehen?“, fragt Dörte. Die Schauspielerin kennt solche Träume, aber sie hat gelernt, so etwas „abzuschütteln“. Auch helfe die sechsmonatige Probenzeit, mit dem Thema umzugehen. Was denkt die 31-Jährige, wenn sie nichts machen darf auf der Bühne — was in Jean Genets Stück öfter vorkommt? Geht sie ihre Einkaufsliste durch? Bei den Zofen könne man nicht abschweifen, lautet die Antwort. Gibt es eine Botschaft an die Zuschauer, die ja immerhin eine Stunde und 40 Minuten still dem Leiden auf der Bühne im Engelsgarten folgen? „Dass man eine Entscheidung trifft, Verantwortung übernimmt“, meint Lena Vogt.

Noch Fragen offen? Die nächsten Aufführungen sind terminiert. Und Dörte kommt im März wieder — mit den nächsten zwei Stücken.

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