Wenn die Wildschweine kommen

Landwirt Frank Gietenbruch klagt über Schäden, die die Tiere auf seinen Wiesen verursachen. Ein Problem nicht nur auf den Südhöhen.

Wenn die Wildschweine kommen
Foto: Stefan Fries

Die Wiese sieht aus, als hätte eine Granate eingeschlagen. „Die Wildschweine drehen die Grasfläche auf der Suche nach Engerlingen um“, erklärt Landwirt Frank Gietenbruch. Dumm nur, dass sie das bei ihm am Hipkendahl fast jede Woche tun. „Ich habe mir jetzt extra ein teures Spezialgerät gekauft, mit dem ich die Wiese wieder umdrehen kann. Aber das bringt ja nichts, wenn nach einer Woche wieder alles kaputt ist“, seufzt er. „Für mich ist das existenzbedrohend — uns fehlt dann das Futter für die Pferde.“

Hans-Willi Kling, Jagdpächter

28 Stellplätze für Pferde bietet er an. Wenn die Tiere nicht mehr auf die grüne Wiese können, dann suchen sich die Pferdebesitzer einen anderen Stall. Die Auslaufgebiete von Gietenbruch liegen schön geschützt zwischen Wäldern — beste Lage aus der Sicht der Wildschweine. Gietenbruch hat jetzt Zäune mit Strom um seine Wiesen herumgelegt, mit extra kleinem Abstand, damit auch Frischlinge abgehalten werden. „Die sind auch gar nicht mehr scheu und laufen nicht weg, wenn ich komme“, ärgert er sich. Manchmal kommen die Wildschweine sogar bis kurz vor die Reithalle. „Die Population wächst immer mehr, früher war hier nichts.“

Das Problem: Eine Bache wirft acht Frischlinge auf einmal, die dann im gleichen Jahr selbst schon wieder trächtig werden und werfen. Wenn Gartenbesitzer dann ihre Speisereste auf den Kompost werfen, finden die Wildschweine paradiesische Zustände vor und vermehren sich prächtig. „Die Sauen kommen immer weiter in die Stadt“, sagt auch Jagdpächter Hans-Willi Kling. Früher seien sie nur im Hinterland zu Beyenburg gewesen, jetzt hätten das gesamte östliche und südliche Stadtgebiet Wuppertals unter den Wildschweinen zu leiden.

So gut wie möglich versuchen die Jäger, der Plage Herr zu werden. Allein schon, weil die Jagdpächter die Schäden der Landwirte bezahlen müssen. „Das können leicht 2000 Euro für einen Hektar Maisfeld sein“, erklärt Kling. Doch die Jagd sei schwierig. Zum einen wandert eine Sau in einer Nacht rund 30 Kilometer weit. Zum anderen seien die Tiere sehr intelligent, erklärt der Jäger: „Die können einen Jäger von einem Spaziergänger unterscheiden.“ Sie erkennen, wie sie sich im Schatten tarnen können und wo Gefahr lauert.

Die Wuppertaler Jäger wollen deshalb im Herbst eine so genannte Drückjagd veranstalten: Dabei treibt eine Gruppe von verschiedenen Seiten aus die Wildschweine auf die Jäger zu, die dann gezielt Sauen erlegen. Dafür müssen allerdings auch Straßen im Jagdgebiet gesperrt oder zumindest mit Tempolimits versehen werden, damit weder Wildschweine noch Jagdhunde unter die Räder gelangen.

Dieses Jahr sind auch die Bejagungszeiten für Wildschweine freigegeben, abgesehen vom Muttertierschutz. Denn die afrikanische Schweinepest kommt aus den östlichen Nachbarländern Richtung Deutschland. „Sie breitet sich entlang der Autobahnen und Landstraßen aus“, erklärt Kling. Für Schweinezüchter eine große Gefahr. Das ist ein weiterer Grund für die Jäger, den Tierbestand zu reduzieren. Denn damit sinkt auch die Ansteckungsgefahr. Einen Saufang bekamen die Wuppertaler Jäger trotzdem nicht genehmigt: Sie wollten ein Gelände einzäunen und Köder auslegen, um Zugriff auf die Wildschweine zu bekommen. „Man kommt da sonst nicht dran“, lautet auch die Erfahrung von Frank Auer, Vorsitzender der Wuppertaler Kreisjägerschaft.

Die Jagdvorschriften findet Martin Dahlmann, Vertreter der Wuppertaler Landwirte, ebenfalls zu streng. Selbst im Westen der Stadt würden sich die Tiere ausbreiten. Es gebe keinen Landwirt in Wuppertal, der nicht von dem Problem betroffen sei. Oft führen die Schäden auch zu Streitigkeiten zwischen Jägern und Bauern über die Schadensersatzzahlungen.

Mit seiner Ehrenberger Bauernkäserei steht Dahlmann vor weiteren Schwierigkeiten: „Wenn Dreck im Heu landet, sind da schnell Schimmelpilze drin. Für die Kühe ist das nicht schädlich, aber es geht in die Milch und dann in den Käse.“ Deshalb kann Dahlmann nur Wiesen abernten, die völlig in Ordnung sind.

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