Weihnachten 1954: Zwei britische Soldaten durften mitfeiern

Wie Jürgen Klings Familie zum Fest 1954 zwei britische Soldaten aufgenommen hat — ganz spontan.

Wuppertal. Wenn Jürgen Kling an Weihnachten denkt, dann fällt ihm immer ein ganz bestimmter Heiligabend ein. Es war im Jahr 1954, und Jürgen Kling war damals elf Jahre alt. „Die ganze Familie war zusammen gekommen. Auch meine fünf älteren Geschwister, die zum Teil schon verheiratet waren“, erzählt der gebürtige Wuppertaler.

Die Klings wohnten damals am Freudenberg. „In direkter Nachbarschaft lagen die Kasernen, in der zur Besatzungszeit die britischen Soldaten stationiert waren“, erinnert sich Kling. Die Nachbarschaft zu den Soldaten hat seine Kindheit in vielerlei Hinsicht geprägt, doch Weihnachten 1954 war mit Sicherheit das interessanteste Erlebnis.

„Wir saßen an Heiligabend zusammen, als plötzlich unser Hund Harras draußen anschlug“, erzählt Kling. „Meine Mutter ist daraufhin raus, um das Tier zu beruhigen.“ Diesen Teil der Geschichte kennt der Wuppertaler selbst nur aus den Erzählungen seiner Mutter.

„Vor dem Gartentörchen standen zwei britische Soldaten, einer in Uniform, einer in Zivil“, sagt Kling. „Einer weinte, sein Kamerad hat ihn getröstet.“

Die jungen Männer hatten von der Straße aus den Christbaum gesehen und Heimweh bekommen. „Meine Mutter konnte kein Englisch, wusste aber instinktiv, was die Jungen bedrückte.“ Eigentlich eher zurückhaltend, handelte Klings Mutter spontan und lud die Briten zum Weihnachtsfest mit der Familie ein. „Wir waren ohnehin so viele — da hat der Kartoffelsalat auch für zwei Personen mehr gereicht. Die Würstchen waren vielleicht etwas knapp, aber das hat keinen gestört“, sagt Kling lachend.

Nach dem Essen haben alle gemeinsam Weihnachtslieder gesungen. „Meine Mutter hat Harmonium gespielt und zu den Melodien, die sie erkannt haben, haben unsere Besucher in ihrer Sprache mitgesungen.“

Kling selbst hat mit einem Buch, das er an diesem Weihnachtsfest geschenkt bekam, mit einem der jungen Männer Englisch gelernt. „Er hat auf die Motive auf dem Einband gezeigt und mir die englischen Worte genannt.

Selbst haben die Gäste nicht viel erzählt. „Ich glaube, sie haben einfach die Geborgenheit der Familie genossen.“

Dass einer 18 und der andere 19 Jahre alt war, weiß Jürgen Kling noch. „Und einer hieß Tom und war Offiziersanwärter.“ Nur ein einziges Mal hat der Wuppertaler die Briten noch wiedergesehen: „Silvester haben sie auch bei uns gefeiert — dazu hatten wir sie an Weihnachten eingeladen.“

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