Projekt mit Tanztheater Pina Bausch: Vier Wochen, die alle verändern

Barmer Gesamtschüler erarbeiten mit dem Tanztheater Pina Bausch das Stück „Veränderung“ und führen es in den Riedel-Hallen auf.

Projekt mit Tanztheater Pina Bausch: Vier Wochen, die alle verändern
Foto: Uwe Stramann

Wuppertal. Der Name fällt kein einziges Mal, doch ist er, ist sie immer präsent: Das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch und die Gesamtschule Barmen haben gemeinsam ein Stück erarbeitet, dessen Titel „Veränderung“ auch auf die Mitwirkenden, Schüler wie Tänzer, zutrifft. Die Jugendlichen sind auf dem Weg ins Leben, das Theater auf dem Weg, mit dem Erbe der berühmten Choreographin immer wieder andere Menschen zu erreichen und so die Begeisterung für das Tanztheater lebendig zu erhalten. Am Wochenende wurde das Stück, das so deutlich an Pina Bausch erinnert, mit großer Begeisterung viermal in den Fabrikhallen von Riedel Communications aufgeführt.

„Das war echt spitze“, sagt eine Frau begeistert, das Publikum ist von den Stühlen in der Fabrikhalle aufgestanden, jubelt und klatscht. 50 Minuten dauert das Stück, das die 59 Schüler der Jahrgangsstufe 9 der Gesamtschule, angeleitet von ihren Mentoren, vollständig selbst gestemmt haben — vom Licht über Kostüme, die Aufführung bis zu deren Vermarktung. Eine kleine Ausstellung mit Videos, Bildbänden und Texten dokumentiert in einem Nebenraum die Arbeit.

In sieben Gruppen unterteilt wurde in vier intensiven Januar-Wochen im Rahmen des Jugendprojekts „tanz, tanz ...“ ein einzigartiges Theaterstück geschaffen, dessen Titel „Veränderung (Work in Progress)“ einerseits für den Lauf des Lebens steht, aber auch für die Schüler selbst, die sich in dieser Zeit weiter entwickelt haben. „Das war eine richtig große Erfahrung für mich“, spricht die 15-jährige Schidam Nazir stellvertretend für ihre Mitschüler. Sie hat sich mit 13 weiteren Schülern um Projektmanagement und Inspizienz gekümmert.

Und auch die „Lehrer“ selbst nehmen „tolle Erfahrungen“ mit, so Silvia Farias Heredia vom Tanztheater, die sich darüber freut, „wie viel in vier Wochen erreicht wurde, wie sich Menschen geöffnet haben, so dass ich besser verstehen konnte, wie ich mit Tanz und Bewegung helfen kann“. Das gebe ihr Vertrauen auch für die eigene Arbeit. Freilich, sagt sie lächelnd, sei es wesentlich aufregender, nur zuschauen zu können, als selber zu agieren.

Einzelne Szenen: Dunkel ist es, still und kalt. Die leere Bühnenfläche füllt sich nur langsam. Eine Schülerin legt sich in eine Decke eingehüllt auf den Boden. Eine andere setzt sich auf den mitgebrachten Stuhl und entlockt einer überdimensionalen Spieluhr eine eintönige Melodie. Einzeln oder allein betreten die Akteure die Spielfläche, jeder auf sich selbst konzentriert, um irgendwann einzupacken und zu gehen.

Zu lauter Musik eilen die Jugendlichen über einen imaginären Laufsteg, hastig zu Statements über ihr Outfit gebeten. Zwei Mädchen, im 60er Jahre Stil zurechtgemacht, singen aus knallroten Mündern „Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen Mann“, zerren dabei am kahlen Geäst, das sie in der Mitte halten, als wäre es der Kerl, den sie besingen. Blattlose Zweige bedecken den Boden, werfen poetische Schattenbilder auf angeleuchtete Leinwände; die Schüler setzen sich schweigsam dazwischen, um in loser Reihenfolge aufzustehen und immer wieder die gleiche Bewegung durchzuführen.

Die Szenen, übergangslos aneinandergereiht, werden durch ausgeklügelte Lichteffekte und subtile Tonkompositionen intensiviert. Hier ist alles aufeinander abgestimmt, so dass Bewegung und Innehalten, Bild und Ton zu gefühlvollen Gesamteindrücken verschmelzen. Wie man es von Pinas Tanztheater kennt.

Dabei, so wehrt Projektleiterin Ruth Amarante vom Tanztheater ab, habe man den Schülern nichts vorgegeben, habe — ohne Kenntnis der Begabungen — nur durch Fragen und Aufgaben in den einzelnen Gruppen Material gesammelt, das am Ende zu einem Ganzen zusammengefügt worden sei.

„Das funktioniert sehr gut, man möchte am liebsten gleich wieder von vorne anfangen“, sagt die Projektleiterin strahlend, die die Erfahrung des „Lernens ohne viel Belehrung“ am liebsten auch vielen weiteren Kindern zukommen lassen würde.

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