Verletztes Frühchen Linus freut sich auf Weihnachten

Nach Verätzung der Augen hoffen die Eltern des Jungen auf Therapiefortschritte.

Wuppertal. Er quietscht, juchzt, brabbelt: Linus, das Baby, dem vor fast einem Jahr kurz nach der Geburt beide Augen verätzt wurden, ist ein echter Wonneproppen geworden. Die WZ besuchte die Familie in ihrer neuen Wohnung in Barmen. Die alte in Solingen, das mussten sich die Eltern eingestehen, barg zu viele schlechte Erinnerungen. Stattdessen gibt’s jetzt frische Farben — ein intakter Alltag.

Bei Mirjam und Marcus Ordowski ist vieles anders: Es ist elf Monate her, seit durch eine fatale Fehlerkette dem Frühchen Linus in der St. Anna-Klinik die Augen verätzt wurden. Hätte die Mutter damals einer Fachärztin nicht Einhalt geboten — ihrem Linus und zwei weiteren Frühchen wären noch mehr der viel zu hoch konzentrierten Untersuchungsflüssigkeit in die Augen geträufelt worden.

Seit jenem 7. Februar sieht Linus auf dem rechten Auge gar nichts mehr. Mehrere Fachärzte haben ihn operiert und gaben, zumindest was das rechte Auge betrifft, keine gute Prognose ab. Einzig Linus linkes Auge hat Fortschritte gemacht. Für Mutter Mirjam Ordowski ist es ein kleines Wunder, dass sich ihr einziges Kind entwickelt, als gäbe es seine schwere Sehbehinderung nicht. „Er kann jetzt links Konturen erkennen, sogar langsam Farben und Licht sehen“, sagt sie.

Im Barmer Wohnzimmer strahlt der Weihnachtsbaum. Linus wird dort bald seine ersten Geschenke bekommen: zwei Bilderbücher und ein Schmusetuch.

„Schmusen“, das konnte das Baby zu Anfang gar nicht, es klammerte sich nach dem Vorfall stattdessen fest an seine Mutter. Noch weiß Linus nicht, was ein Weihnachtsfest ist, außer, dass dann so ein dunkelgrünes Ding im Wohnzimmer toll glitzert. Dann legt der kleine Junge den Kopf ein wenig schief, schiebt sein linkes Auge näher an die Kerzen heran und quietscht vor Vergnügen. Lichtreflexe nimmt Linus wahr wie andere Kinder Blumenwiesen sehen können.

Großvater Eugen Ordowski glaubt felsenfest, dass sein Enkel Linus irgendwann richtig sehen kann. Rein medizinisch wollen die Ärzte ihm und den Eltern keine Hoffnung machen. Ein Hornhaut-Implantat hätte auf dem rechten Auge kaum eine zehnprozentige Chance, wäre selbst unter Vollnarkose kompliziert und schmerzhaft.

Die Eltern geben nicht auf: Bei der Frühförderung für sehbehinderte Kinder wird Linus linkes Auge einmal pro Woche mit visuellen Reizen trainiert.

Daheim in Barmen kann man das Ergebnis sehen. Dort verfolgt Linus seine bunte Umgebung flink mit einem Auge. Dieses linke Auge wird wohl reichen müssen für ein ganzes Leben.

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