Vandalismus in Wuppertal: Wenn Kultur zerstört wird

Kunst im öffentlichen Raum ist ein beliebtes Ziel für Vandalismus. Jetzt erwischte es ein Cragg-Werk an der B7.

Vandalismus in Wuppertal: Wenn Kultur zerstört wird
Foto: Andreas Fischer

Sie handeln in der Öffentlichkeit, hinterlassen deutlich sichtbare Spuren und werden doch kaum bemerkt. Zuletzt wurde „I’m Alive“ von Tony Cragg ihr Opfer, jene Edelstahlskulptur an der viel befahrenen B7 in Barmen. Am häufigsten traf es bislang Guillaume Bijls „Ein erfolgreicher Tag“, jene kopfüber stehende Bronzefigur am Kasinokreisel in Elberfeld. Kunst im öffentlichen Raum hat es schwer, ist beliebtes Vandalismus-Ziel — in Wuppertal und in anderen Städten.

Carmen Klement

Es gibt weder Zahlen, noch hat jemand einen Überblick. „Etwas unter 20 Prozent machen die jährlichen Vandalismus-Fälle aus, das betrifft aber nicht nur die Kunst, sondern auch Autos oder Telefonzellen“, erzählt Kunsthistorikerin Carmen Klement, die als Mitarbeiterin des Von der Heydt-Museums im Thema ist. Auch über Schadenshöhe und -beseitigung dringt wenig in die Öffentlichkeit, weil es verschiedene Eigentümer und entsprechend auch verschiedene Wege der Schadensregulierung gibt. Von der Versicherung bis zum Sponsor. Klement weiß: „Man bemüht sich, den Schaden möglichst resonanzlos zu reparieren.“

„Jede Beschädigung ist ein Akt der Verachtung“, sagt Klement, bedeutet eine Missachtung, mindestens aber eine Veralberung der Kunst und damit des Künstlers. Der schweigt meist, verweigert den Tätern das (vielleicht bezweckte) Echo, das als Anerkennung missverstanden werden könnte. Überdies werden die Täter meist nicht gefunden und bestraft.

Die Motive sind vielfältig. Materialdiebstahl, zielloser Vandalismus, vor allem aber symbolische Zerstörung (Ikonoklasmus) sind am häufigsten. Klement: „Menschen wollen ihre Wut abreagieren.“ Kunst mit ihrem Signalcharakter, der auch gerne mal provoziere, biete ein gutes Ziel. „Mit der symbolischen Zerstörung wird das Menschenbild zerstört, das man in der Skulptur sieht.“ Beispiele: „Die große sitzende Gewandfigur“ von Henri Moore (1959) wurde geteert und gefedert, kam schließlich in den Windfang der Schwimmoper. Das Engels-Denkmal „Die starke Linke“ von Alfred Hrdlicka (1981) im Engelsgarten wird gerne symbolisch angegriffen, wegen ihrer Nacktheit und der Kapitalismuskritik. Manchmal gilt der Unmut dem Künstler, wie im Fall der Pallas Athene am Dörpfeld-Gymnasium, die Nazi-Künstler Arno Breker schuf.

Überdies ist der zerstörerische Umgang mit Kunst nicht neu: Den Figuren des Jubiläumsbrunnens am Neumarkt (1895) wurden sämtliche Geschlechtsteile abgetrennt.

Es wird geschlagen, beklebt, rausgerissen, gesprüht, bekritzelt oder bemalt. Von allem etwas musste Bijls Bankerfigur über sich ergehen lassen. Erst 2008 (im Jahr der Finanzkrise) aufgestellt, wurde zweimal die Krawatte des Mannes abgebrochen, zweimal sein Koffer gestohlen, im November 2016 schließlich die Figur mit roter Farbe übergossen. Wirklich schützen lässt sich Kunst im öffentlichen Raum nicht. Ein Sicherheitsdienst, den Klement für die Bezirksvertretung Elberfeld befragte, wollte 700 Euro im Monat für Videoüberwachung und Kontrollgänge eines Objekts im Monat haben. Klement: „Und damit würde eh nichts verhindert, sondern nur schneller entdeckt.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort