Unital: Kommunalpolitik pur - Wenn Bürger die Macht übernehmen

Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung stellt Professor Hans J. Lietzmann am Donnerstag vor.

Wuppertal. Es gibt viele Wuppertaler Erfindungen, die eine Erfolgsstory geschrieben haben. Eine von ihnen ist die Planungszelle, entwickelt von dem Wuppertaler Soziologie-Professor Peter C. Dienel als höchst effiziente Methode der Bürgerbeteiligung.

Viele Städte und Bundesländer haben mittlerweile ihre Bürger über Einzelprojekte und entwicklungspolitische Grundsätze entscheiden lassen. Heute leitet der Politikwissenschaftler Professor Hans J. Lietzmann die Forschungsstelle zur Planungszelle und erreichte mit dem Beteiligungsmodell gerade erst, dass in der Stadt Aachen die Müllgebühren neu geregelt werden konnten.

Dort waren die Fraktionen im Rat nicht in der Lage, ein neues Gebührenmodell zu entwickeln und riefen deshalb die Bürger zur Hilfe. Sie entwickelten innerhalb von wenigen Tagen eine neue Satzung mit einer möglichst gerechten Verteilung der Kosten - und alle waren zufrieden. "In den Beratungen haben die Bürger keineswegs daran gedacht, wie sie selbst am billigsten davonkommen. Vielmehr steht in den Arbeitsgruppen sehr schnell das Allgemeinwohl im Mittelpunkt.Partikularinteressen können sich gar nicht verfestigen", beobachtet Lietzmann, der fest davon überzeugt ist, dass keine Kommune ohne weitgehende Bürgerbeteiligung auskommt: "Städte und Gemeinden brauchen die Bürger, allein schaffen sie ihre Aufgaben nicht mehr."

Warum das so ist, wird Lietzmann am morgigen Donnerstag, 13. November, in der CityKirche Elberfeld, erläutern. Lietzmanns Vortrag "Städte aufgepasst - jetzt planen die Bürger" ist der letzte Beitrag in der Reihe UniTal in diesem Jahr. Und der beinhaltet durchaus kommunalpolitischen Sprengstoff. Denn Wuppertal als Wiege der Planungszelle ist eine der wenigen Städte, die sich bisher noch nicht dieser Form der Mitbestimmung bedient haben. Lietzmann darf zwar Vorträge über das Erfolgsmodell im Rathaus halten, aber sobald es Geld kostet, gerät die Bereitschaft zur direkten Demokratie schnell an ihre Grenzen.

Spektakulär scheiterte erst vor einem Jahr eine Planungszelle in Vohwinkel, bei der es um Bevölkerungsentwicklung, Einzelhandel, Verkehr sowie die Entwicklung der Wohnquartiere Höhe/Dasnöckel gehen sollte. 100000 Euro sollte das Beteiligungsverfahren kosten, die Hälfte hatten die Bezirksvertretung und Lietzmann bereits zusammen, den Rest verweigerten sowohl die Stadt als auch die Jackstädt-Stiftung. Damit war das Projekt gestorben.

Für Lietzmann klar der falsche Weg, schließlich fordere die Politik angesichts zunehmend klammer Kassen doch das bürgerschaftliche Engagement ein und verlagere zunehmend Aufgaben auf die Schultern der Frauen und Männer vor Ort. "Eltern müssen in den Schulen helfen, Nachbarn sich um Sauberkeit und Sicherheit in ihren Quartier kümmern. Ohne Ehrenamt würde die kommunale Infrastruktur sehr schnell zusammenbrechen."

Mehr Verantwortung heißt auch mehr Mitbestimmung, denn nur so ließen sich selbst schmerzhafte Einschnitte für die Bürger besser vermitteln. Aber auch die Visionen dürfe man nicht den Politikern überlassen.

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