Tragisch: Vom Diplom-Physiker zum mutmaßlichen Messerstecher

Deutsch-Kurde lehrte an der Bergischen Uni. Streit in der Moschee

Wuppertal. Er könnte als Musterbeispiel für gelungene Integration gelten, hat sogar an der Wuppertaler Uni gelehrt. Stattdessen muss sich ein 34 Jahre alter Deutsch-Kurde seit gestern wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht verantworten. Er soll im April in der Elberfelder Innenstadt einen Geschäftsmann (48) und seinen Sohn (24) mit einem Messer schwer verletzt haben.

Nachdem der Deutsch-Kurde bei der Polizei zunächst die Aussage verweigert hatte, ließ er sich gestern zur Tat ein. Zunächst schilderte er seinen spannenden Werdegang. Er ist in der Türkei ohne Vater aufgewachsen. Der Konflikt zwischen Türken und Kurden bestimmte sein Umfeld.

Wirklich außergewöhnlich wird sein Lebenslauf, als er auf eigenen Entschluss im Alter von zehn Jahren seine Mutter verlässt, um eine bessere Ausbildung genießen zu können. Er besucht eine weiterführende Schule, seine Noten sind gut. Er befasst sich bereits mit 15 Jahren mit Politik, liest sozialistische Bücher. Als er Kontakt zu einer Gruppe aufnimmt, die sich für einen Kurdenstaat einsetzt, nimmt sein Leben eine krasse Wendung: Als 17-Jähriger wird er festgenommen, für vier Tage ohne Nahrung und Tageslicht in einer ein Quadratmeter kleinen Zelle eingeschlossen. Mehrmals täglich wird er mit verbundenen Augen zu Verhören geführt und dabei mit Fäusten geschlagen.

Trotzdem setzt er seinen Weg zunächst unbeirrt fort: Er studiert Physik an der Universität in Istanbul, hält sich von Politik fern. Der Notenschnitt seines Bachelor-Abschlusses ist so gut, dass er ein Stipendium an der Universität Siegen erhält. Dort lernt er seine spätere Ehefrau kennen und absolviert seine Diplom-Prüfung in Physik. Im Jahr 2003 zieht er nach Wuppertal. Er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Druckverfahrenstechnik an der Bergischen Uni und leitet Übungsgruppen.

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