Toter Junge: Freispruch wahrscheinlich

Gutachten zum umgefallenen Automaten in der Turnhalle entlastet beide Angeklagten.

Wuppertal. Im Prozess um den Tod eines eineinhalb Jahre alten Jungen — am 25. Oktober 2008 fiel im Vorraum der städtischen Turnhalle am Hesselnberg ein 180 Kilo schwerer Süßwarenautomat auf das Kind — stehen die Zeichen auf Freispruch. Ein am Freitag vorgestelltes Gutachten entlastet die beiden Automatenaufsteller (siehe Kasten rechts), die sich wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung vor dem Schöffengericht verantworten müssen.

Der Gutachter konnte am Freitag belegen, dass der Automat am Unglückstag auf Kanthölzern gestanden hat. Die ursprünglichen Verschraubungen direkt im Boden und eine Verkantung mit dem nebenstehenden Cola-Automaten seien schon vor dem Unfall mit rabiater Gewalt — wohl durch Randalieren — zerstört und nicht repariert worden.

Wichtig: Beim regelmäßigen Befüllen des Automaten hätte der Automatenaufsteller diesen Mangel zwangsläufig bemerkt. Schon beim Öffnen der Tür, um an die Warenfächer zu gelangen, wäre ihm der Automat entgegen gekippt, so der Gutachter. Darauf gibt es bislang jedoch keinen Hinweis. Wie berichtet, hat der Angeklagte im Prozess ausgesagt, wenige Tage vor dem Unglück den Automaten problemlos befüllt zu haben. Dabei sei ihm kein entsprechendes Wackeln aufgefallen.

So wie der Automat unmittelbar vor dem Umfallen stand, wäre es laut Gutachten ohnehin nicht möglich gewesen, die Tür zu den Warenfächern zu öffnen: Der Automat habe nachweislich eng links an der Wand gestanden. Nach Aussage des Angeklagten ließ sich die Tür aber beim letzten Befüllen Tage vor dem Unfall problemlos öffnen.

Laut Gutachten muss zum Unglückszeitpunkt auf den Automat eingewirkt worden sein. Das Gerät habe so wackelig gestanden, dass der Rempler eines Erwachsenen in Schulterhöhe gereicht hätte, das Gerät erst nach hinten und dann im Rebound-Effekt nach vorne fallen zu lassen. Wer darauf nicht vorbereitet ist, habe keine Chance, den 180 Kilogramm schweren Automaten dann noch zu halten, sagte der Gutachter.

Wegen dieser Feststellungen richtete die Staatsanwaltschaft am Freitag den Blick auf den Vater des verunglückten Jungen. Grund: Der Mann hatte ausgesagt, allein mit seinem Sohn im Vorraum gewesen zu sein. Weder er noch das Kind hätten den Unglücksautomaten benutzt oder berührt. Beim Hinausgehen habe er hinter sich das Krachen des umgestürzten Automaten gehört, beim Blick zurück seinen 86 Zentimeter großen Sohn nicht mehr gesehen. Der Vater sagte aus, geschrien und versucht zu haben, den Automaten anzuheben, danach hätten ihn die Erinnerungen verlassen.

Die Staatsanwaltschaft verwies auf einen Zeugen, der als Erster am Unglücksort gewesen sein soll. Der Mann hatte vor Gericht gesagt, er haben den Vater bis zum Oberkörper unter dem Automaten liegen sehen. Wie der Vater in diese Position gekommen sein soll, konnte auch der Gutachter nicht erklären: „Das verstehe ich nicht“, sagte der Experte und die Staatsanwaltschaft pflichtete ihm bei.

Zur Erinnerung: Zweimal innerhalb von drei Jahren hatten die Ermittler das Verfahren ergebnislos eingestellt. Die Eltern — sie nahmen auch am Freitag als Nebenkläger persönlich am Prozess teil — hatten sich ebenso oft dagegen beschwert und Nachermittlungen erreicht. Fakt ist: Bislang konnte nicht geklärt werden, wann und von wem, der Automat auf die Kanthölzer gestellt und damit in die vom Gutachter festgestellte gefährliche Position gebracht worden ist.

Ein Urteil wird Anfang März erwartet.

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