Tonleiter-Konzert voller Energie

Pianist Holger Groschopp spielte im Skulpturenpark groß auf.

Tonleiter-Konzert voller Energie
Foto: Stefan Fries

70 Jahre ist der amerikanische Komponist John Adams in diesem Jahr geworden. Seinen Geburtstag feierte die Reihe Tonleiter mit gleich zwei Konzertabenden im Skulpturenpark Waldfrieden. Pianist Holger Groschopp und vier Streicher vom Sinfonieorchester Wuppertal spielten einen Querschnitt von frühen Kompositionen bis hin zu den letzten Arbeiten.

Der Titel des Programms, „American Berserk“, geht zurück auf Adams’ Klavierstück. In Groschopps Interpretation hörte man allerdings keinen Wüterich („Berserk“) toben, sondern einen packenden Rhythmus voranschreiten. „Bei mir muss der Groove stimmen“, sagt der Komponist über seine Musik — und dank Groschopp saß hier jeder der rasch wechselnden Akzente am richtigen Platz.

Eine deutsche Erstaufführung gab es mit dem einige Monate alten „I Still Play“, ebenfalls für Soloklavier. Gewidmet ist es Robert Hurwitz, der das renommierte Label „Nonesuch Records“ gründete und später Adams unter Vertrag nahm. Das Stück begann als Walzer in Moll, verzweigte sich in raffinierter Mehrstimmigkeit und schloss als ausgelassener Jazz-Tanz.

Meisterhafte Präzision forderte auch das zehnsätzige Streichquartett „John’s Book of Alleged Dances“. Die Rhythmusbegleitung hörten die Geiger Liviu Neagu-Gruber und Axel Heß, Bratscher Jens Brockmann sowie Michael Hablitzel am Cello über Kopfhörer. Das Publikum erlebte eine spannungsreiche Mischung aus Live-Musik und digitalen Klängen.

Jeder Satz brachte einen kompletten Stimmungswechsel. Barsche Dissonanzen überlagerten Ohrwurm-Melodien à la Gershwin. Gerade Solist Neagu-Gruber füllte die unterschiedlichen Rollen gekonnt aus. Mal spielte er ausgelassen wie ein Folk-Geiger, mal wurden ihm Flageoletts und schwierigste Griffe abverlangt.

Bei „Road Movies“, geschrieben für Violine und Klavier, musste er eine Saite seines Instruments um einen Ton tiefer stimmen. Das sorgte im Mittelteil für dunkel-gedämpfte Sounds, was nach Auskunft des Komponisten eine einsame Gestalt in einer Wüstenlandschaft darstellen soll. Dafür ging am Anfang und dann wieder im Finale die Post ab. Als lieferten sie sich eine Verfolgungsfahrt auf dem Highway, trieben sich die beiden Musiker zu unermüdlich vorwärtsdrängender Motorik an.

Diese Energieschübe übertrugen sich auf die Zuhörer. Nach knapp zwei Stunden John Adams belohnten sie Groschopp und seine Kollegen mit ausdauerndem Applaus.

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