Tanzprojekt schafft Nähe unter den Quartiers-Nachbarn

„Tanz-Theater der Kulturen“ erzählt persönliche Schicksale. Das Angebot wird durch die „Soziale Stadt“ finanziert.

Tanzprojekt schafft Nähe unter den Quartiers-Nachbarn
Foto: Anna Schwartz

Oberbarmen. Sophie-Marie tanzt für ihr Leben gern. Frank ist der sportliche Typ und versucht sich erstmals an Ausdruckstanz. Und Astrid freut sich, dass es endlich ein kulturelles Angebot in ihrer Nachbarschaft gibt. Alle drei machen mit beim „Tanz-Theater der Kulturen“. Das inklusive Projekt der Färberei ist im Oktober gestartet und wird größtenteils aus dem Verfügungsfonds der Sozialen Stadt „Oberbarmen/Wichlinghausen“ finanziert. Einmal in der Woche treffen sich Interessierte mit und ohne Behinderung, gebürtige Oberbarmer und Zugezogene zum Tanzen. Ihr Ziel ist dabei nicht nur die geplante Aufführung im Herbst, sondern das Kennenlernen von sich selbst und anderen. Klar, dass sich im Projekt alle duzen.

17 Teilnehmende kommen regelmäßig jeden Donnerstagabend in die Turnhalle der Hauptschule Hügelstraße. Zunächst machen sie bei ruhiger Musik einige Lockerungsübungen. Dann wird getanzt. Mal Freestyle, so wie jeder die Musik fühlt, mal allein, mal zusammen, dann nach Anleitung von Tänzer Wigabriel Soto Eschebach und Choreograph Mark Sieczkarek. Das, was die Männer und Frauen von 18 bis 70 Jahren tänzerisch ausdrücken, soll schließlich zu einem Bühnenprogramm zusammengestellt werden. „Moving Stories“ — bewegende Geschichten — soll es heißen. Das sind die Geschichten jeder einzelnen Person im Projekt.

So wie die von Sophie-Marie Freier. Die 18-jährige Auszubildende redet inzwischen freimütig darüber, was sie schon als Kind erlebt hat und wie ihr das Tanzen hilft. „Ich wohne in einer Jugendeinrichtung. Schon in der Grundschule bin ich gemobbt worden. Tanzen hilft mir durchs Leben, denn so kann ich die Wut und Trauer herauslassen.“ Für sich selbst sieht die freundliche junge Frau das Projekt als Möglichkeit, Menschen kennenzulernen. „Durch das Tanzen lernt man sich besser kennen als durch Worte, denn Tanz verbindet“, hat Sophie-Marie Freier festgestellt. Sie erkennt die Wesenszüge der anderen Teilnehmer inzwischen in deren Bewegungen wieder. „Manche sind schüchtern, dann bewegen sie sich zunächst vorsichtig. Man erkennt sofort, wer noch verschlossen ist und wer sich öffnen will.“

Sophie-Marie Freier über die Gründe für ihre Teilnahme am „Tanz-Theater der Kulturen“

Für Frank Dahlmann ist der Termin donnerstagabends in Oberbarmen eine gute Gelegenheit sich sportlich zu betätigen. „Durch eine Bekannte habe ich von dem Angebot gehört. Mir geht es um die Bewegung.“ Durch die Musik sei es nicht eintönig, er habe Spaß, sagt der Konditor. Dabei habe er vorher nur mal auf Partys getanzt „und ganz früher mal in der Tanzschule“. Beim Tanzen könne er gut abschalten und die Welt vergessen.

Astrid Klee aus Wichlinghausen freut sich über das „Tanz-Theater der Kulturen“, weil es „Nähe unter den Nachbarn im Quartier bringt“. Ihr ist es wichtig, dass sich die Menschen in der Nachbarschaft besser kennen lernen. Doch auch etwas Anderes gefällt ihr: „Dass die Leute sehen, dass freie Kultur auch in den Quartieren stattfinden kann.“ Sie würde sich wünschen, dass noch mehr Interessierte den Weg ins Projekt finden würden. „Man muss keine zehn Kurse gemacht haben, um hier teilzunehmen. Man macht nur, was man körperlich schafft“, wirbt Astrid Klee, die selbst körperlich eingeschränkt ist.

Dass noch Plätze bei „Moving Stories“ frei sind, darauf weisen auch Ingo Cordt, der ehrenamtliche Sprecher und Fotograf des Projektes, und Marek Sieczkarek hin. Wer Lust habe, könne einfach vorbei kommen. Gern würden sie mehr geflüchtete Menschen ins Projekt aufnehmen. „Am Anfang hatten wir drei Frauen aus Syrien dabei, aber die mussten umziehen“, erzählt Ingo Cordt. Teilnehmen kann auch, wer nicht im Einzugsgebiet von „Soziale Stadt Oberbarmen/Wichlinghausen“ wohnt. „Allerdings bitten wir dann um eine kleine Kostenbeteiligung.“

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