Wuppertaler Traditionskneipen Von der Gesellenherberge zum Stadtteiltreff

Haus Winschermann hat eine wechselvolle Geschichte. Der heutige Wirt Karlheinz Sauerbrey und seine Frau lernten sich dort kennen.

Wuppertaler Traditionskneipen: Von der Gesellenherberge zum Stadtteiltreff
Foto: Stefan Fries

Ronsdorf. Die Gaststätte „Haus Winschermann“ an der Lüttringhauser Straße lässt auf eine lange Tradition zurückblicken. Seit 1955 gibt es die Kneipe unter diesem Namen im Herzen von Ronsdorf. Doch die Geschichte des Lokals reicht noch viel weiter in die Vergangenheit.

Schon Anfang des 19. Jahrhunderts soll sich an der Stelle, an der das heutige „Haus Winschermann“ steht, eine Gesellenherberge befunden haben. Gesellen, die sich nach Abschluss ihrer Lehrzeit auf Wanderschaft machten, fanden dort einen Schlafplatz, Verpflegung und Gesellschaft. Solche Herbergen galten dank ihrer zentralen Lage und der vielen Besucher als lukrative Jobbörse.

Das ehemalige Gebäude, in dem sich die Gesellenherberge befand, existiert heute nicht mehr. Nachdem es im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, steht nun das „Haus Winschermann“ an dieser Stelle.

Ganz so weit geht die Historie der beiden jetzigen Besitzer der Gaststätte nicht zurück. Erst seit zweieinhalb Jahren führen Karlheinz Sauerbrey (58) und seine Frau Denia (54) nun das Lokal und öffnen jeden Tag ab neun Uhr. Wann Schluss ist, bestimmen die Gäste. „Wir haben auf, bis der letzte geht“, berichtet der Wirt.

Die Eheleute haben sich sogar im „Haus Winschermann“ kennengelernt und verliebt. Denia Sauerbrey hat schon dort als Angestellte gearbeitet, bevor sie und ihr Mann die Kneipe übernahmen. Er kam mit seinem Stammtisch oft als Gast, sie brachte ihm das Bier. Dann funkte es.

Karlheinz Sauerbrey über seine zwei Berufe

„Nun bin ich schon zwölf Jahre hier, zwei davon als Besitzerin. Als der Vorbesitzer damals aufhörte, war für uns klar, dass wir übernehmen“, erzählt die gebürtige Philippinerin. Während sie Vollzeit in der Kneipe tätig ist, arbeitet Karlheinz Sauerbrey als Fuhrparkleiter bei einer Düsseldorfer Spedition. Seiner Frau hilft er abends, nach Feierabend und am Wochenende. Es sei zwar viel Arbeit und manchmal auch anstrengend, wenn er nach einem Arbeitstag auch noch hinter dem Tresen weitermache, aber das Miteinander mit seinen Gästen mache das alles wett.

Die meisten Besucher des „Hauses Winschermann“ sind Stammgäste und wohnen in Ronsdorf. Doch auch Gäste aus Kanada und der Schweiz kommen gelegentlich vorbei. „Das sind ehemalige Ronsdorfer, die ausgewandert sind und während ihres Urlaubs hier vorbeischauen. Bisher kommt niemand extra aus dem Ausland nur unseretwegen“, scherzt Sauerbrey.

Von nicht so weit weg, dafür aber regelmäßig, kommen die „Los Invalidos“. Die achtköpfige Herrenrunde ist seit fast 50 Jahren gemeinsam unterwegs. Einst als wilde Jugendgruppe und Kegelklub gestartet, sitzen die Männer nun lieber in gemütlicher Atmosphäre bei Karlheinz Sauerbrey, der auch Mitglied der „Los Invalidos“ ist, in der Kneipe und knobeln.

Auf den Namen der Runde kamen die Männer während eines gemeinsamen Ausflugs auf Mallorca. „Der Zahn der Zeit geht auch an uns nicht vorbei. Jahrelang hatten wir keinen Namen für unsere Gruppe, aber als wir auf Mallorca alle über Rückenschmerzen und andere Gebrechen klagten, kamen wir uns wie die ‘Los Invalidos’ vor“, erinnert sich Paul Corts (66).

Neben diversen Stammtischen findet im „Haus Winschermann“ zu Ostern das „Eierlotten“ und im Herbst das „Wurstlotten“ statt. Dieses eigentlich rheinische Brauchtum hat auf bisher unbekannten Wegen nach Ronsdorf gefunden.

Das Spiel ähnelt von den Regeln her dem Bingo. Je nach Jahreszeit werden Mettwürstchen (Herbst) oder Eier (Ostern) als Gewinne ausgelost. Im März soll sogar eine Pyjama-Party in der Kneipe steigen. Die Idee dazu entwickelte sich unter Gästen in einer Bierlaune. Wann sie genau stattfinden soll, wird noch bekannt gegeben. Eins ist aber klar: Einlass erhält nur, wer im Schlafanzug erscheint.

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