Der Bus mit dem besonderen Service

Der Bürgerbus in Ronsdorf bewegt nicht die Massen, aber dafür viele Menschen ganz individuell. Die WZ hat eine Runde durch den Ort gedreht.

Der Bus mit dem besonderen Service
Foto: Stefan Fries

Ronsdorf. „Bitte während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen.“ Dieses Gebot gilt in herkömmlichen Bussen — aber gewiss nicht im Ronsdorfer Bürgerbus. Wolfgang Brall ist jederzeit für ein Schwätzchen zu haben, für ihn gehört das zum Job. „Ein Bürgerbusfahrer sollte schon umgänglich und gesprächig sein“, sagt der 67-Jährige, der seit fast vier Jahren seine Runden durch den Stadtteil dreht.

Wolfgang Brall, Bürgerbusfahrer

„So, jetzt muss ich nur noch hochkommen“, Ingrid Mang erhebt sich an ihrer Haltestelle langsam vom Sitz. Doch die 79-Jährige muss nicht hetzen. „Darf ich Ihnen die Tasche herausreichen?“, fragt Brall, der bei vielen seiner Gäste beim Ein- und Aussteigen behilflich ist. Erna Halbig (80) schätzt diesen Service besonders: „Die Fahrer sind alle sehr nett und hilfsbereit.“ Für 1,70 Euro gibt es eben mehr als nur die Fahrt von A nach B. „Das sind so die Sachen, die die Fahrer in den normalen Bussen einfach nicht leisten können“, weiß Brall.

Acht Plätze gibt’s im Bürgerbus. In der Regel können sich die Fahrgäste — die allermeisten sind älter als 70 Jahre und ohne Auto — darauf verlassen, dass sie unterkommen. „In meiner Zeit kam es erst zwei Mal vor, dass ich jemanden stehen lassen musste“, sagt der gelernte Schriftsetzer am Steuer. In der Zeit zwischen 9 und 10 Uhr wird es im Bus am vollsten und lautesten. Man kennt sich und es wird viel „getöttert“. Brall hört gerne zu: „Ich bin immer auf dem Laufenden, was in Ronsdorf gerade los ist.“

Auch von ganz persönlichen Fehden erfährt Brall ganz unweigerlich. So gebe es etwa zwei Fahrgäste, die sich überhaupt nicht ausstehen können. „Sitzt der eine im Bus vorne, dann setzt sich der andere ganz nach hinten oder steigt gar nicht erst ein“, berichtet Brall mit einem Grinsen. Einmal hatten sich die Streithähne im Bus angeschrien. „Da habe ich nach zehn Minuten angehalten und habe gesagt: ,Entweder ist jetzt Ruhe oder ich fahre nicht mehr weiter.’“

Wolfgang Brall wird an manchen Tagen nicht nur zum ehrenamtlichen Streitschlichter, sondern ist auch ein wenig Kummertante. „Es sind auch Fahrgäste dabei, die sind allein zu Hause und freuen sich, wenn jemand mit ihnen spricht“, weiß der Rentner.

Der Ronsdorfer Bürgerbus fährt zwei Routen durch den Ort. Die östliche Schleife führt über Linde und über Brombach zurück, die süd-westliche reicht bis nach Heidt. An vielen Haltestellen, gerade im Bereich Linde und Blombach, steigt oft über lange Phasen niemand ein. Einige Haltepunkte sind so gering frequentiert, dass Wolfgang Brall genau weiß, welcher Fahrgast dort als einziger stehen könnte — und ob er oder sie zum Schwimmen will oder den Wocheneinkauf bei Aldi erledigt.

Obwohl in den Wohngebieten manche Senioren mehr oder weniger den Luxus einer Privathaltestelle genießen, ist die Wertschätzung der Busanbindung gerade in den abgelegenen Gebieten hoch. „Das ist schon eine super Sache, wenn man selber kein Auto mehr fährt“, sagt Sigrid Haarscheidt (82). Auch sie stand allein an ihrer Haltestelle und wird nun behutsam ins Fahrzeug gezogen. Ohne den Bürgerbus wäre sie nicht mehr mobil. „Früher hat mich meine Enkelin regelmäßig gefahren“, berichtet Haarscheidt.

Derzeit diskutiert der Bürgerbusverein wieder, ob der Fahrplan angepasst werden muss. Ein schwieriger Prozess, denn eigentlich möchte der Verein ja alle mitnehmen — selbst wenn sie etwas abseits leben.

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