Wuppertal Historischer Fund: Ehepaar hat Elberfelder Zeitung von 1833

Alfred Eydorf hat die Nachrichten von damals in der Wohnung seiner Mutter gefunden.

Wuppertal: Historischer Fund: Ehepaar hat Elberfelder Zeitung von 1833
Foto: Kurt Keil

Ölberg. Alfred Eydorf fand den Schatz buchstäblich unter seinen Füßen. Als junger Mann räumte er 1948 die Wohnung seiner Mutter an der Elberfelder Marienstraße aus. Unter dem Fußbodenbelag entdeckte er Zeitungen, die als Füllmaterial gedient hatten. Einige waren über hundert Jahre alt.

Zu schade zum Wegwerfen, dachte Eydorf damals. Doch die Jahrzehnte vergingen und er vergaß die Fundstücke. „Beim Einzug ins Altenheim habe ich sie wiedergefunden“, berichtet der 91-Jährige. Seit Mai wohnt er zusammen mit Ehefrau Ellen, 94 Jahre alt, in einem Haus der Bergischen Diakonie in Aprath. „Ich glaube, wir sind die Ältesten hier“, sagt sie lächelnd.

Ihr Mann hat ein paar Zeitungsschätze mit ins Heim genommen. Der älteste ist das „Fremdenblatt und täglicher Anzeiger der Stadt Elberfeld“ vom Neujahrstag 1833. Das 1826 gegründete Lokalblatt stammt aus einer Zeit, als die Bergische Stadt zur preußischen Rheinprovinz gehörte.

Hinter dem Bandwurmtitel verbergen sich gerade einmal vier Seiten Frakturschrift. Das dünne Papier ist an einigen Stellen fleckig, aber gut erhalten. Die Seitengröße entspricht ungefähr dem Format DIN A 4. Eydorf hilft beim Entziffern der Buchstabenschnörkel. Seine Frau reicht eine Lupe, mit der sie sonst die aktuelle Wuppertaler Tageszeitung liest.

Ungewöhnlich für den heutigen Leser ist bereits die Titelseite des „Fremdenblatts“. Bilder oder gar Fotos fehlen komplett. Noch nicht einmal Berichte und Meldungen sind dort zu lesen. Stattdessen füllt das Neujahrsgedicht eines gewissen „E. Liesegang“ die Seite. Der Autor bittet um Gottes Segen. Gemäß der sozialen Rangordnung erst für „unsern guten König“ — gemeint ist Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Danach für Stadt, „Handel und Gewerbe“.

Wie der Titel verspricht, folgt auf der nächsten Seite eine Liste der in Elberfeld angekommenen Fremden. Darunter Kaufleute aus Großstädten wie Berlin, Amsterdam und Paris. Wer sie kontaktieren will, muss einfach den Angaben zu Wirt und Unterkunft folgen („bei Bloem im Weidenhof“, „bei Braß im Hof von Holland“).

Die „Miszellen“ verteilen sich im Innenteil. Die vermischten Anzeigen geben Einblicke in den damaligen Alltag. Ein Angebot für „Westfälischen Schinken bester Qualität“ steht direkt neben Kulturtipps, die zu Tanzbällen oder einem „Vocal- und Instrumentalkonzert“ einladen.

Am 13. Januar steht eine Reisekutsche zur Fahrt nach Magdeburg bereit. Näheres erfahre der Leser beim schon erwähnten Weidenhof. Wenige Zeilen vorher wird das Thema „Gesucht und gefunden“ abgedeckt („Kinder-Regenschirm stehen gelassen“).

Bunt gemischt ist auch die letzte Seite. Der damalige Oberbürgermeister Brüning informiert über die „Straßenbeleuchtung zu Elberfeld“. Seine Tabelle listet die Standorte und die Beleuchtungsdauer der Laternen auf. Schlusspunkt ist die Rubrik „Geboren und gestorben“. Akribisch werden die Namen und die Adressen genannt. Sogar die genauen Todesursachen.

Auch das Kleingedruckte am unteren Rand ist lesenswert. Der Vermerk „Redaktion: Polizei-Verwaltung“ macht den staatstragenden Charakter der Zeitung deutlich. Von freier, unabhängiger Presse noch keine Spur.

Nachfolger des „Fremdenblatts“ war der „Tägliche Anzeiger für Berg und Mark“, der im doppelt so großen Format herauskam. Auch davon kann Alfred Eydorf eine Ausgabe vorzeigen. Am 1. Januar 1876 - fünf Jahre nach Gründung des Deutschen Reichs - gibt es auf vier Seiten einen Jahresrückblick von Chefredakteur Eugen Gantter. „Erscheint zum Besten der Armen“. Denn die Verkaufssumme von „2 Mark 25 Pfennig“ geht an die lokale Armenkasse.

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