Wuppertaler Traditionskneipen „Das Freizeitverhalten hat sich verändert“

Kneipen haben es immer schwerer, sich zu halten. Das merkt man auch am Dönberg.

Wuppertaler Traditionskneipen: „Das Freizeitverhalten hat sich verändert“
Foto: Stefan Fries

Dönberg. Die Schankwirtschaften trugen klingende Namen wie „Bei Vati“, „Zum gemütlichen Fritz“ oder „Zum müden Willi“ und prägten in den 70er Jahren am Dönberg die lokale Kneipenszene. „Damals hatten wir noch viele Kneipen hier“, erinnert sich Hans-Joachim Lüppken, Vorsitzender des Bürgervereins Dönberg. Diese Zeiten sind längst vorbei: Obwohl sich der Stadtteil in den vergangenen Jahren über einen konstanten Zuzug von Neubürgern freuen konnte, gibt es dort nur noch eine Kneipe: den „Dönberger Krug“ an der Horather Straße.

Lüppken, der auch stellvertretender Bezirksbürgermeister für Uellendahl-Katernberg ist, bedauert diese Entwicklung. Er muss aber akzeptieren, dass es einfach nicht mehr Usus ist, sich nach der Arbeit zum Feierabendbier an Theke oder Stammtisch zu treffen. „Eine Kneipenszene wie früher gibt es heute nicht mehr“, sagt er. Viele Sportvereine hätten ihre eigenen Vereinsheime, auch Feuerwehr und Schützenverein besäßen eigene Räume.

Heiderose Niggemeier hat den Niedergang der lokalen Kneipenszene in den vergangenen 30 Jahren aus erster Hand erlebt. Sie übernahm vor sechs Jahren von ihrem Vater den „Dönberger Krug“.

Während um sie herum die Kneipen schließen mussten, führt sie das Geschäft fort — mit Unterstützung von Familie und Freunden. Zugute kommt ihr, dass sie viele ihrer Gäste schon seit ihrer Jugend kennt. „Gut 99 Prozent sind Stammgäste. Die damalige Jugend ist mir treu geblieben“, sagt sie. Zudem habe sie das Angebot erweitert und biete nun auch Speisen an. Um Gäste zu locken, bietet sie zum Beispiel eine Mallorcafete an.

Die grundsätzliche Veränderung im Freizeitverhalten der Kunden hat aber auch sie beobachtet, vielleicht sollte man es eher einen Mentalitätswandel nennen: „Die Zeiten sind vorbei, wo Männer in die Kneipe gehen und die Frauen mit den Kindern zu Hause bleiben“, sagt sie. Mit der Entwicklung steht der Dönberg freilich nicht allein. Immer mehr Kneipen schließen oder verändern ihr Angebot, um im Zeichen der Event-Gastronomie über die Runden zu kommen.

„Der Gast verlangt heutzutage mehr Abwechslung — mit einer reinen Kneipe hat man kaum noch Erfolg“, erklärt Thorsten Hellwig, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes NRW. Hinzu komme das Rauchverbot, das seit 2013 in verschärfter Form gilt. Auch das Statistische Landesamt bestätigt den Trend: Gab es im Jahr 1997 in NRW noch knapp 13 400 Schankwirtschaften, so wurden Ende 2013 noch gut 8500 Kneipen im Land gezählt. Ob sich dieser Trend noch einmal umkehren lässt, scheint angesichts der allgemeinen Ausdifferenzierung und gestiegenen Mobilität der Bevölkerung eher zweifelhaft.

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