Zu Besuch im Klimaquartier Arrenberg

Energie, Ernährung und Mobilität: Die Aktivisten haben sich einiges vorgenommen.

Arrenberg. Es ist ein ehrgeiziges Ziel: Bis 2030 soll der Arrenberg CO2-neutral sein. Der ganze Stadtteil als Klimaquartier: Auf den Straßen fahren nur noch E-Mobile? Wer unterwegs ist, nimmt gleich lieber das Rad oder geht zu Fuß? Häuserdächer, die vor lauter Solaranlagen kaum zu erkennen sind? Und ein Gemeinschaftsgarten reiht sich an den anderen? Ganz so weit ist es nicht. Doch wer mit Jörg Heynkes spricht, dem Motor für das Projekt, merkt schnell: Er und seine Mitstreiter vom Verein Aufbruch am Arrenberg sehen sich in der Verpflichtung — und wollen mit gutem Beispiel vorangehen.

Doch was heißt Klimaquartier eigentlich? „Als wir anfingen, wussten wir das auch nicht“, sagt Heynkes und schmunzelt. „Eigentlich“, weiß er jetzt, „packen wir damit das ganze Leben des Einzelnen an.“ Energie, Ernährung, Mobilität, nennt er die Eckpfeiler des Projektes. Ziele seien zum Beispiel, den Energieverbrauch in den Haushalten und Gewerbebetrieben des Quartiers um 25 Prozent zu senken und die gesamte Energieversorgung im Quartier in den nächsten 15 Jahren auf regenerative Energien umzustellen. Zusätzlich sollen neue Formen der Mobilität entwickelt werden. Ein mögliches Konzept: Olli, der selbstfahrende Bus (die WZ berichtete). Und unter dem Oberbegriff „Essbarer Arrenberg“ soll mehr Bewusstsein für die eigene Verpflegung geschaffen werden.

„Dahinter steht die Frage: Was esse ich da eigentlich?“, sagt Heynkes. Foodsharing und der Restaurant-Day sind zwei der bereits umgesetzten Ideen — plus den Dalsterhof. „Solidarische Landwirtschaft“ nennt Julia Dronka den Gemeinschaftsgarten am Rande des Arrenberg am Königshöher Weg, in dem sie sich mit anderen engagiert. „Gucken, was geht“, könnte man das Motto nennen. „Jetzt haben wir das erste Mal geerntet“, erzählt Dronka und lacht. „Viele haben gesagt, da würde eh nichts wachsen.“ Deshalb sei es ein Test im Hinblick auf die Arrenberg-Farm, was dort unter Umständen funktionieren könnte.

Die Farm ist allerdings wie einiges beim Thema Klimaquartier noch Zukunftsmusik — anderes dafür schon konkret in Planung. Der Häuserblock rund um die ehemalige Schule an der Simonsstraße etwa ist der „Pilot“ beim Thema Energie. Die mehr als 100 Wohneinheiten in 25 Gebäuden — dazu zählen auch die Turnhalle und das Café Simonz — sollen über eine Energiezentrale vernetzt werden. Primär über eine Solaranlage, dazu auch ein Blockheizkraftwerk. Dazu müssten durch die Keller der Häuser Leitungen gelegt werden. „Sieben der elf Hausbesitzer machen mit“, erklärt Stephan Frischemeier, Eigentümer der alten Schule und einer der Aktivposten bei Aufbruch am Arrenberg. Und der Rest? Überzeugungsarbeit sei schon notwendig, räumt Frischemeier ein. Aber die lohnt sich, ist er überzeugt. Wer nicht mitmachen wolle, solle zumindest seinen Keller zur Verfügung stellen. 2018 ist die Realisierung geplant, 2019 soll abgerechnet werden. Lohnt es sich, soll das Konzept bis 2030 im Stadtteil ausgeweitet, „schwarmfähig gemacht werden“, wie Frischemeier es nennt. Im Ergebnis wäre der Häuserblock energetisch autark — und im Prinzip unabhängig von den WSW. Die wiederum sehen das Projekt „durchaus positiv“, sagt WSW-Sprecher Holger Stephan. Möglicherweise wären die Stadtwerke dann mit im Boot, „etwa, bei der Finanzierung“, so Stephan. „Das hat Modellcharakter.“

Modellcharakter — ein Wort, das immer wieder fällt, wenn es um die Ideen von Heynkes & Co. geht. Warum ausgerechnet der Arrenberg? Das Quartier sei ideal — weil es schwierig ist, so Heynkes. „Der Stadtteil befand sich über Jahrzehnte in einer Abwärtsspirale“, sagt Heynkes, der selbst 1997 die Villa Media erwarb. Doch die Entwicklung sei gestoppt, zuletzt sogar zurückgedreht worden. Das Engagement von Aufbruch am Arrenberg oder die Projekte von Firmen wie Küpper und Proviel seien nur Beispiele von vielen. „Sehen Sie doch nur hier“, sagt er beim Rundgang und zeigt die schön gemachte Fassade eines Hauses an der Güterstraße. Diesem Hausbesitzer folgen andere, ist Heynkes überzeugt. „Es geht ja auch um eine Wertschätzung des eigenen Stadtteils.“ Dass noch längst nicht alles top ist, will er nicht verschweigen. „40 Jahre holen Sie nicht in zehn Jahren auf.“ Und er räumt ein, dass es durchaus Kritiker gibt. „Leute, die sagen, hier passiert zu viel. Macht mal langsamer.“ Beim Rundgang kommt auch das Thema Gentrifizierung zur Sprache. „Im gewissen Maße wird es die geben“, blickt Heynkes voraus. „Und das ist okay.“ Dass der Arrenberg unerschwinglich für die werde, die jetzt dort wohnen, sei aber unwahrscheinlich. „Wir sind hier nicht in Berlin.“

Die Stadtverwaltung hat die Entwicklung intensiv im Blick. „Der Arrenberg ist in vielerlei Hinsicht ein Abbild von Wuppertal in klein“, erklärt Baudezernent Frank Meyer mit Blick auf das „Reallabor“, wie das Wuppertal Institut den Arrenberg schon bezeichnet hat. Was dank der engagierten Akteure vor Ort gelänge, lasse sich dann vielleicht auch an anderer Stelle in der Stadt umsetzen.

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