Zoo-Kurator gibt Tipps in Kaliningrad

Der Wuppertaler André Stadler ist Mentor für den Tiergarten im ehemaligen Königsberg und hat bei der Umgestaltung mitgeholfen.

Zoo. Im Fußball gibt es die „Groundhopper“. Das sind Fans, die in ihrem Leben so viele Stadien und Plätze sehen wollen wie möglich. André Stadler dürfte demnach ein „Zoohopper“ sein. 197 Zoos hat er weltweit schon besucht.

„Warum ich das so genau weiß? Weil ich dieses Jahr die 200 vollmachen möchte“, erzählt der Kurator des Wuppertaler Zoos und lacht. Natürlich haben seine Visiten oft einen beruflichen Hintergrund. Doch ein Interesse an Tiergärten habe es immer schon gegeben, erinnert sich der weitgereiste Wuppertaler, der schon auf allen fünf Kontinenten unterwegs war. Während sich andere Reisende zum Beispiel Kirchen oder eben Stadien anschauen, nimmt der 38-Jährige die örtlichen Zoos unter die Lupe.

Ein Zoo, den er jetzt schon öfter besucht hat, liegt gut 1000 Kilometer von Wuppertal entfernt in Kaliningrad. Ein Tiergarten mit langer und teilweise deutscher Geschichte. 1896 ist er gegründet worden, als Kaliningrad noch Königberg hieß. Lange galt er als einer der besten Zoos Europas, büßte aber im Laufe der Jahrzehnte viel von seinem Glanz ein. André Stadler soll helfen, den wieder zu gewinnen. Der Wuppertaler ist Mentor der Kaliningrader Einrichtung — eine Aufgabe, zu der der 38-Jährige „wie die Jungfrau zum Kinde kam“.

2012 war es, erinnert er sich. An einem Feiertag, als Stadler Dienst in Wuppertal hatte, habe plötzlich eine Delegation aus Duisburg vor dem Eingang gestanden. „Mit der Leiterin des Kaliningrader Zoos.“ Ob man denn eine Führung haben könne. Klar, sagte Stadler, zeigte den Besuchern den Wuppertaler Zoo und erläuterte das Konzept. „Das hat der Dame wohl gefallen“, sagt Stadler. Denn die Leiterin bat ihn kurze Zeit später um Unterstützung bei der Neukonzeption des Kaliningrader Tiergartens — und der Europäische Zooverband bestimmte den Wuppertaler zum Mentor.

Alle paar Monate reiste Stadler seitdem in die russische Exklave, gab Tipps, half bei den Umplanungen. Sein erster Eindruck des Zoos damals: „Sehr rückständig.“ Langweilig seien die Gehege gewesen und trostlos, sagt er und zeigt Fotos von seinen früheren Besuchen. Befremdlich für einen Zoo wirken dafür die großen Werbeplakate für Getränke, die zu sehen sind.

Seitdem habe sich aber „unglaublich viel getan“. Vor allem hänge das auch mit der engagierten Leiterin zusammen, lobt Stadler die Kollegin. „Sie macht das beste vor Ort aus den Möglichkeiten.“ Mittlerweile ist der Kaliningrader Tierpark selbst Mitglied des Europäischen Zooverbandes.

Politik habe bei den Treffen übrigens nie eine Rolle gespielt. „Die Zoowelt ist schön unpolitisch“, sagt Stadler. Schon in Zeiten des Kalten Krieges seien zwischen den Zoos in West- und Osteuropa fleißig Tiere getauscht worden.

Im Osten sei die Welt aber schon noch etwas anders. Während in Deutschland die Zoos sehr streng seien und strikt auf die Herkunft der Tiere achten, hatte die Stadt Kaliningrad dem eigenen Zoo ein Orang-Utan-Haus gleich mit Inhalt geschenkt. Sprich: Die Affen wurden mitgeliefert, ohne dass der Zoo mitwirkte. „Hier undenkbar“, sagt Stadler.

Von Amerika bis Asien hat er nun schon Zoos gesehen. Baku in Aserbaidschan zum Beispiel sei ihm sehr negativ in Erinnerung geblieben. „Da haben die Menschen aber auch kein richtiges Verständnis für Zoos.“ Die Einrichtung selbst sei eher ein Privatvergnügen eines hochrangigen Politikers.

Gibt es grundsätzlich Regionen, in denen die Situation schlecht ist? Das könne man so nicht sagen, erklärt Stadler. Einer der besten Zoos weltweit liege zum Beispiel auch in Asien, in Taiwan.

An den Wuppertaler Zoo hat der 38-Jährige, der als Kurator seinen Traumjob dort gefunden hat, übrigens noch viele Erinnerungen aus der Kindheit, etwa an den strengen Geruch der Löwen. „Den behält man einfach.“ Und das sei ein Erlebnis, das eine DVD zum Beispiel nie bieten könne. „Auch das Gebrüll eines Löwen gibt selbst Dolby-Sound nicht richtig wieder.“

Dass es Kritiker gebe, die Zoos grundsätzlich in Frage stellten, sei verständlich. Wildfänge gebe es aber zum Beispiel praktisch nicht mehr. Und es habe sich viel an der Haltung der Tiere verbessert. „Dass man wie früher immer von oben herab auf die Tiere guckt, gibt es zum Beispiel kaum noch“, sagt der Wuppertaler. Der Mensch habe sich für etwas Besseres gehalten. Mit dem Wissen von heute verurteile er natürlich die Haltung damals. „Aber das war nun mal der Zeitgeist.“ Jetzt handele man eben nach bestem Wissen und Gewissen — wie das auch der Wuppertaler Zoo mit dem Konzept des „Grünen Zoos“ verfolge.

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