Stadtgeschichte Erinnerungen an das Traditionshaus Mees

Cronenberg · Das Gebäude wird in der nächsten Woche zwangsversteigert. In ihm pulsierte einst das Nachtleben.

Cronenberg. Bereits um 1900 war der Festsaal am Cronenfeld, der den stolzen Namen „Deutscher Kaiser“ trug, der Treffpunkte vieler Vereine und Chöre. Hier fand das gesamte Gesellschaftsleben statt. Der Saal hatte große Fenster und auf einem Mauersims zierte eine Kaiser-Wilhelm-Büste die Front Inhaber war damals Hugo Mees. Doch als die Seele des Geschäftes galt die Wirtin „Betta“ Meer.

War ein Vereinsfest geplant, mussten bereits einen Tag zuvor die Öfen tüchtig gestocht werden. Samstags und sonntags trafen sich die jungen Leute zum Tanz. Im Festsaal und dem großen Garten ist hier so manches Band fürs Leben geschmiedet worden. Die Wirtin, „et Mees Betta“ hatte die Finanzen im Griff. Sie trug die Geldtasche noch am Strumpfband unter dem Rock. Beliebter bei den Gästen war jedoch der Wirt. Wenn er gelegentlich mal so richtig tief ins Glas geschaut hatte und es zu einer Rauferei kam, schmiss der Wirt die Randalierer raus. Die hatten meistens Glück. Denn er vergaß, die Zeche zu kassieren.

Stadtgeschichte: Erinnerungen an das Traditionshaus Mees
Foto: Andreas Fischer

Damals gab es noch gut 30 Gesangsvereine auf den Südhöhen. Dazu kamen die Turn- und Sportvereine, Geselligkeitsvereine. Stiftungsfeste, Theaterabende, Konzerte, die allesamt einen großen Zuspruch fanden.

Einer, der sich noch an Vieles erinnerte, war der Fuhrunternehmer Wilhelm Wortmann. Der langjährige Vorsitzende des Hahnerberger Bürgervereins erinnerte sich, dass nach dem Ersten Weltkrieg der Festsaal den französischen Besatzungstruppen als Schlafsaal diente. Vor dem Haus verlief die Grenze zu Wuppertal und die Vertreter der „Grande Nation“ achteten darauf, dass der Schmuggel unterblieb. Doch die gewitzten Cronenberger schlugen den Besatzern ein Schnippchen. Einer der Schmuggler, der Bauer Rosenbach aus Vonkeln, überquerte häufig die Grenze mit seinem Jauchewagen. Nach dem Inhalt gefragt, öffnete er kurz den Jauchehahn. Der ausströmende Geruch verhinderte weitere Kontrollen. Rosenbach hatte im letzten Drittel des Fasses die übelriechende Brühe. Ansonsten schmuggelte das Bäuerlein mit viel Raffinesse Werkzeuge und andere Waren.

Mit Beginn des Nationalsozialismus endete auch die glanzvolle Zeit des Festsaals. Die Männer mussten an die Front, das Vereinsleben lag danieder. Der Saal diente nun der Firma Belzer als Lager. Die Außenfront bröckelte. Bald musste der baufällig gewordene Kaiser Wilhelm seinen Sockel verlassen. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg gab es für den Festsaal keinen Neubeginn. Die Fenster wurden zugemauert und ein Kino, dass Burg-Theater, zog ein. Die Bühne hatte man abgeteilt, davor befand sich die Filmleinwand. Im „Burg-Theater“ sahen die Cronenberger einige Jahre die Filme der neuen heilen Welt, Heimatfilme und die großen neuen Helden aus Amerika.

1960 nutzte dann die benachbarte Firma Belzer die Halle als Lager. Als auch diese nicht mehr gefragt war, rückten 1987 die Bagger an und ebneten die Fläche für eine Tankstelle und eine Autowaschanlage.

Die Stadt sah damals noch das weitere Areal mit dem aufstehenden Restaurant als Erweiterungsfläche für einen Kreuzungsausbau an. Doch das verbliebene bergische Fachwerkhaus mit der beliebten Gaststätte Haus Mees, die im Hinblick auf die neuen langjährigen Wirtsleute der Familie Wallmichrath (ab 1920), auch gelegentlich als Gaststätte Wallmichrath bezeichnet wurde, blieb. Auch das angebaute Schieferhaus zur Kreuzung hin mit Wohnungen, diente noch lange bis etwa 1985 als Frisörsalon. Wie das Restaurant Mees steht dieses Haus inzwischen einige Jahre leer. Ambitionen zum Kreuzungsausbau gibt es schon lange nicht mehr.

Die ehemalige Fläche des großen Biergartens fand im Laufe der Zeit auch eine unterschiedliche Nutzung. 1943 wurden nach den Bombenangriffen hier Behelfsheime aufgebaut. Darin fanden auch die durch den Brand des alten Cronenberger Rathauses vertriebenen Behördendienststellen eine Bleibe. Als diese nicht mehr benötigt und abgerissen wurde, feierten mehrere Jahre lang auf diesem Grundstück die Bewohner der Südhöhen ihre Kirmes.

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