Eine Fahrt in die Vergangenheit

Die Museumsbahn nahm am Sonntag wieder den Betrieb auf.

Eine Fahrt in die Vergangenheit
Foto: Stefan Fries

Kohlfurth. „Hier noch jemand ohne Fahrschein“ — hieß es am Sonntagvormittag, als nach langer Winterpause pünktlich um 10.40 Uhr wieder die erste Museumsbahn von der Kohlfurther Brücke aus durchs Kaltenbachtal fuhr.

„Eigentlich wollten wir schon im April starten, aber wir mussten erst den Schaden an unserem Transformator beheben. Das hat uns 14 000 Euro gekostet. Aber jetzt sind wir froh, dass wir wieder loslegen können“, sagt Michael Schumann vom Vorstand des „Fördervereins Bergische Museumsbahnen Wuppertal-Kohlfürth“. Es ist der einzige Verein in Deutschland, der über eine eigene Strecke verfügt und einen regelmäßigen Fahrbetrieb organisiert.

Ein paar mehr Besucher hätte Schumann am Sonntag aber dann doch erwartet: „Es ist ein bisschen durchwachsen heute. Vielleicht liegt‘s am Muttertag oder daran, dass die Leute wählen gehen“, vermutet er. Fünf Bahnen sind zurzeit im Fahrbetrieb, sie fahren alle halbe Stunde durch den Wald bis zum Naturfreundehaus in Cronenberg (Haltestelle Greuel). „Dort kann man wunderbar Rast machen, es wird leckerer Kuchen serviert“, weiß Schumann. Auf der Strecke gibt es mehrere Haltestellen, so dass beispielsweise auch der an der Museumsstrecke liegende Manuelskotten mit seiner über 100 Jahre alten Dampfmaschine, dem rund 90 Jahre alten stationären Dieselmotor mit großem Schwungrad und einem sechs Meter hohen Wasserrad besichtigt werden kann. Während seine Großeltern die Museumsbahnen in Augenschein nehmen, dreht Lukas (6) mit Begeisterung das Rad an der Modellbahn, die laut Schild über dem Führerhaus bis zum Toelleturm fährt. „Das finde ich hier am schönsten“, ist er überzeugt.

Als sich der Förderverein 1969 gründete, da hätten die Mitglieder nicht gedacht dass es mehr als 20 Jahre dauern würde, bis sie Personen befördern durften. „Es gab alle möglichen Aufgaben für uns Ehrenamtler, aber seit 25 Jahren fahren wir und bilden hier inzwischen auch andere Zugführer aus“, erzählt Schumann, der nach eigener Aussage schon als Kind „bahnvernarrt“ war. Er selbst musste seine Ausbildung noch bei der Rheinbahn in Düsseldorf machen.

In der großen Wagenhalle, die der Verein gebaut hatte, um die Wagen vor Regen und Rost zu schützen, stehen noch zahlreiche alte Schätzchen. Zum Teil bereits restauriert. Wenn so eine Bahn ausrangiert wird, dann heißt es entweder Schrott oder wir“, diese Erfahrung hat Schumann in den vergangenen Jahren gemacht. „Geht sie an uns, dann zerlegen wir sie, bauen sie vollständig auseinander und wieder zusammen“, schildert Schumann das aufwändige Procedere. So eine Restaurierung würde oft Jahre dauern, denn neben Schreinern für den Holzaufbau würden ja auch Schlosser und Elektriker gebraucht. Und auch die Originalaufschrift wie beispielsweise „107 Rheinische Bahngesellschaft“ wird akribisch genau wieder auf die Straßenbahn gepinselt.

Alle Fahrzeuge und auch die Strecke stehen übrigens unter Denkmalschutz. „Das ist schon imposant. Hier fühlt man sich um Jahrzehnte zurückversetzt“, staunt Hans-Jörg Interthal, der zur Saisoneröffnung aus Remscheid gekommen ist. Er ist mit dem Handy unterwegs um die nostalgischen Aufschriften zu fotografieren und einen Blick durch die Scheiben der Werkstatt zu werfen, in der gerade wieder an einer Bahn gearbeitet wird. „Das nächste Mal bringe ich meinen vierjährigen Enkel mit. Der findet das hier bestimmt auch spannend“, hat er sich vorgenommen.

In einer Chronik, die in der Wagenhalle zu sehen ist, können die Besucher zudem nachlesen, was zum Thema „Kulturgut Straßenbahn“ noch alles wichtig ist.

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