Bürgerkoffer heizt Diskussion erneut an

Bezirksvertreter fordern vehement den vollen Service in Bürgerbüros. Politiker berufen sich auf die Gemeindeordnung.

Cronenberg. Er ist ein größerer Aktenkoffer - und in ihm steckt ein kleines Büro. Die Mitglieder der Bezirksvertretung (BV) Cronenberg konnten sich bei ihrer letzten Sitzung selbst ein Bild von dem Bürgerkoffer machen, mit dem Meldeamtsgelegenheiten mobil werden können. Die Diskussion über seinen Einsatz entwickelte sich erneut zur Grundsatzdiskussion über die Notwendigkeit der Bürgerbüros.

Oliver Wagner (SPD) hatte entdeckt, dass dieses technische Angebot der Bundesdruckerei in Mecklenburg-Vorpommern benutzt wird. Die SPD hatte daher den Antrag gestellt, einen solchen Koffer für Cronenberg anzuschaffen (die WZ berichtete). Erfreut waren die Bezirksvertreter, dass Bürgeramtsleiter Jochen Siegfried einen solchen Koffer direkt in die Sitzung der BV mitgebracht hatte.

Mit dem Koffer „ist doch das Argument vom Tisch, dass die technische Ausstattung der Bürgerbüros für Passangelegenheiten nicht reicht“, sagte Oliver Wagner. Der Koffer könne zwei Tage in Cronenberg und zwei Tage in Ronsdorf benutzt werden. „Und wenn am Steinweg wieder die Hölle los ist, dann auch da.“

„Man kann das einsetzen“, bestätigte Bürgeramtsleiter Jochen Siegfried. Dennoch sei das keine gute Lösung, weil es nicht effektiv sei. Auf- und Abbau dauerten, die Geräte hielten womöglich der Dauerbelastung nicht stand. IT-Experte Thomas Peters, der Jochen Siegfried begleitete, führte aus, dass sie bei technischen Problemen nicht so schnell mit Ferndiagnose per Internet helfen könnten. Damit sei die vermeintliche Bürgerfreundlichkeit in Frage gestellt. „Aus Sicht der IT sind stationäre Arbeitsstellen besser“, fasste er zusammen.

Die skeptische Haltung ließ die Politiker ihre Forderung nach einem vollständigen Service in den Bürgerbüros bekräftigen. Michael-Georg von Wenczowsky (CDU) sagte: „Man sollte in die Gemeindeordnung sehen: Darin steht, dass Bürgerbüros in den Stadtteilen einzurichten sind.“ Damit sei der volle Service mit Passangelegenheiten gemeint. Die Leitungen dazu seien ja da.

Alle anderen Parteien schlossen sich der Forderung nach einem vollständigen Angebot an: „Wir berufen uns und bestehen auf der Gemeindeordnung“, sagte Regina Orth von den Grünen. Und Oliver Wagner sagte: „Wenn die Gemeindeordnung nicht erfüllt wird, dann wird eben geklagt. Dann muss ein Gericht das klären.“

Jochen Siegfried versicherte: „Die Verwaltung hat schon mitbekommen, was Ihr Wunsch ist.“ Er setze auch nur den Auftrag des Rates um, betonte er, offenbar angegriffen von der Dauerdiskussion. Und erinnerte daran, dass die Verwaltung derzeit an einem neuen Konzept für das Meldeamt arbeite. „Nichts ist festgezurrt“, versicherte er. „Warten wir ab, was die Zahlen sagen. Wir werden verschiedene Lösungsmöglichkeiten prüfen.“ Die Ergebnisse der Projektgruppe würden verwaltungsintern diskutiert, dann gebe es eine Vorlage für die Dezember-Sitzung des Rats.

Michael-Georg von Wenczowsky kritisierte, dass bei diesem Zeitplan keine Möglichkeit bestehe, die Bezirksvertretungen zu hören: „Ich habe den Eindruck, dass man über den Kopf der BV hinweg entscheiden will.“

Paul Yves Ramette führte erneut die Kosten ins Feld: Die Zentralisierung habe nichts gespart, die Neueinstellungen verursachten nun Kosten ebenso wie der Sicherheitsdienst, der im Sommer im Meldeamt nötig war, und die Miete für die Bürgerbüros, die nur einen Tag pro Woche genutzt werden.

Am Ende votierten die Politiker einstimmig für den Bürgerkoffer-Antrag der SPD mit ausdrücklichem Verweis auf die Gesamtdiskussion.

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