Wandgemälde haucht Bahnhof am Rott neues Leben ein

Ein Hingucker: Künstler Benjamin Geiger verewigte die Lok 78159 an der Hauswand von Heinz Maurer.

Wandgemälde haucht Bahnhof am Rott neues Leben ein
Foto: Anna Schwartz

Rott. Fahren am Bahnhof Wuppertal-Rott wieder Züge ab? Seit Juni stellt sich diese Frage ein, wenn man von der Barmer City aus die Nordbahntrasse hinaufgeht. Auf der Höhe des ehemaligen Bahnhofs sieht man eine imposante Dampflok aus dem Rotter Tunnel kommen. Auf den zweiten Blick erkennt man: Lok und Zug sind bloß gemalt — auf eine Hauswand neben der Trasse. Genauso wie Fahrplantafel, Bäume und Gebäude im Hintergrund. Wenn sich Maler Benjamin Geiger und Hausbesitzer Heinz Maurer vor dem Bild aufstellen, wirkt es fast so, als stünden sie auf dem alten Bahnsteig und warteten auf den Zug.

Auf die Idee mit dem Wandgemälde, sagt Maurer, habe ihn eine Trassen-Bekanntschaft gebracht. Ein Radfahrer schenkte ihm und seiner Lebensgefährtin Dagmar Otto ein Bild mit der Lok Nummer 78159, die jetzt an seinem Haus prangt. Es ist die Kopie eines alten Fotos. Eine Aufnahme aus den Sechziger Jahren, als noch Züge auf der Nordbahntrasse fuhren.

Wer es genauer wissen will, sollte ins Internet schauen. Auf der Seite „Bahnen Wuppertal“ findet man das Foto wieder. Dort ist zu lesen, Helmut Dahlhaus habe es am 19.5.1967 am Rott aufgenommen. „Personenverkehr gab es bis Mai 1967“, erklärt Hans-Jürgen Vorsteher, Betreiber der Seite. Danach verkehrten nur noch Güterzüge auf der so genannten „Rheinischen Strecke“. 1999, 120 Jahre nach der Streckeneröffnung, fuhr hier der letzte Zug.

Lok Nr. 78159 wurde im November 1967 ausgemustert. Ihr Bild an die Wand zu bekommen, sagt Maurer, „war mein Traum — und er hat sich erfüllt.“ Zum Traumerfüller wurde Benjamin Geiger, der vier Wochen mit Pinsel und Farbe an dem Wandbild arbeitete. „Das hat Spaß gemacht!“, sagt der 30-Jährige, der seine Erfahrung als Bühnenmaler nutzen konnte. Durch seine dreijährige Ausbildung an den Wuppertaler Bühnen habe er gelernt, Materialien wie Holz und Metall täuschend echt darzustellen. Das richtige Handwerk für ein 3,20 mal 5,50 Meter großes Gemälde, bei dem der Künstler allein zwischen den Gleisen hunderte Steinchen unterbrachte.

Während er im Theater hinter den Kulissen arbeitet, hatte er am Rott ständig Publikum. „Die Leute auf der Nordbahntrasse bleiben stehen, sie fotografieren“, berichtet Maurer. „Ich wurde noch nie so oft fotografiert in meinem Leben“, ergänzt Geiger und lacht. „Leute sprachen mich an: Du bist schon im Internet!“ Passanten fragten bereits neugierig nach, als Geiger zum Schluss den Blickfang des Bildes malte. Die Lokomotive mit der Nummer 78159, deren Dampf in den blauen Himmel steigt und deren Scheinwerfer kräftig- gelb leuchten. An den Farben könne man sich noch länger erfreuen, versichert Heinz Maurer. „Sie sind abgestimmt mit dem Untergrund und dem Putz, UV- und wetterbeständig.“ Das fertige Bild soll mehr sein als eine Verschönerung seines Hauses. „Es ist eine Bereicherung der Trasse, weil es ein Original ist“, sagt Maurer.

Mit seinem Eisenbahn-Bild hinterlässt Benjamin Geiger am Ende seiner Zeit in Wuppertal ein bleibendes Werk. Denn bald schon zieht es ihn an einen anderen Ort. Ab September wird er am Theater der Wuppertaler Partnerstadt Schwerin arbeiten. Geiger, der aus Ravensburg in Baden-Württemberg stammt, ist froh, dass er seinen alten Job im Einzelhandel aufgegeben hat. „Ich konnte Gott sei dank mein Hobby zu meinem Beruf machen.“

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