Stalking: Warum der Kantor ging

Weil ihm nachgestellt wurde, verließ Meik Impekoven seine Barmer Gemeinde. Im WZ-Gespräch blickt er nach vorn.

Barmen. Im WZ-Interview zu seinem Amtsantritt vor sieben Jahren nannte er das „Schicksalslied“ von Johannes Brahms als eine seiner liebsten Musiken. Die Klage über das ungewisse Los des leidenden Menschen im Hölderlin-Text hat sich für das Schicksal von Kantor Meik Impekoven an St. Antonius in Barmen bitter bewahrheitet: Als Stalking-Opfer trat er die Flucht an, verließ Amt, Stadt, Kollegen und Freunde und kehrte dem Kirchendienst ganz den Rücken.

„Ich weiß, dass ich vieles falsch gemacht habe“, sagt Impekoven heute. „Ich hätte die Sache viel früher öffentlich machen und auch Anzeige erstatten müssen.“ Eine Frau soll dem Kantor mit übler Nachrede und Verleumdungen so zugesetzt haben, dass er die Belastung nicht länger aushielt. Natürlich bedauert der 34-Jährige, seine Stelle als Regionalkantor in Wuppertal Ende Oktober aufgegeben zu haben. Aber: „Die Stalking-Situation machte Gemeindearbeit nicht mehr tragbar.“

Dass die Verantwortlichen in der Kirche und auch seine Chormitglieder alle zur Verfügung stehenden Mittel der Intervention ausgenutzt haben, verschweigt er nicht und verweist auf einen offenen Brief auf den Seiten der Gemeinde im Internet. Der Pfarrer von St. Antonius, Monsignore Michael Haupt, hat der Frau Hausverbot erteilt und sie auch von ehrenamtlichen Tätigkeiten ausgeschlossen.

So blickt Meik Impekoven nicht im Zorn zurück. Zu positiv sind die Erfahrungen, die er im Kantorenamt sammeln konnte: „Mir war neben der Liturgie, in der die Musik die erste Rolle spielte, auch immer die konzertante Schiene wichtig.“ So schuf er mit dem Antoniuschor einen leistungsfähigen Chor, der sich auch in der Liturgie mühelos konzertant entfalten konnte. Er baute den Kinder- und Jugendchor wieder auf und etablierte einen Schulchor, um auch kleine Kinder an die Musik heranzuführen.

Impekoven war der Mann der Verknüpfungen. Ob ökumenische Bestrebungen — zuletzt mit den Jüdischen Kulturtagen und mit dem ökumenischen Chorfest — ob Orgelzyklen, Musicals und Orgelprojekte mit Kindern oder die Zusammenarbeit mit der Musikhochschule: Meik Impekoven war mit Kreativität und Organisationstalent immer erfolgreich unterwegs.

Dass beim Ökumenischen Chorfest im September das Brahms’sche „Schicksalslied“ auf dem Programm stand, war sicher kein Zufall. Aber neben der Kirchenmusik hatte Impekoven auch Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Italienisch mit Magister-Abschluss studiert. Und so blickt er nach dem Radikalschnitt voller Zuversicht in die Zukunft, wo er im Rheinland in der Wissenschaft tätig ist: „Die praktische Kirchenmusik bleibt aber mein liebstes Hobby.“

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