Premiere: Eheleben mit Wellengang

Im Theater im Tanzhaus ging „Bordgeflüster“ über die Bühne, eine teils wilde „Kreuzfahrt“.

Premiere: Eheleben mit Wellengang
Foto: Gerhard Bartsch

Barmen. Ein Eheleben mit ziemlich viel Wellengang: Im Theater im Tanzhaus ging „Bordgeflüster“ über die Bühne und zeigte eine Kreuzfahrt zur Silberhochzeit voll wilder Eskapaden. Es ist das letzte Stück, das im alten Haus in Unterbarmen Premiere feierte — ab kommendem Jahr spielt man im zweimonatlichen Wechsel in der „Komödie“ am Karlsplatz in Elberfeld.

Genau genommen waren es gleich mehrere Kreuzfahrten, bei denen das Stück von Kerry Renard die beiden auf hohe See schickte. Denn Dagmar (Ilka Schäfer) und Jürgen (Andreas Strigl) sind seit all den Jahren erfahren in dieser Art zu reisen - und an Erfahrungen war da sonst noch so einiges zusammen gekommen. Die Jubiläumsfahrt als Rahmen war gespickt mit Erinnerungen, mehr: mit überdrehten Episoden, die bei nur vier Darstellern viele Figuren und auch mancherlei Überraschung bereit hielten.

So reihten sich Szenerien aneinander, die jede für sich eine schräge Geschichte erzählten. Dass es dabei um Seitensprünge ging, war zu erwarten. Doch manch allzu vertrautes Muster fand dabei nicht ganz übliche Varianten: Auf einer Geschäftsreise war Jürgen bei einer Affäre mit seiner Mitarbeiterin (in vielen Rollen: Teresa Schulz) zu erleben, doch die spielte mit beiden ein doppeltes Spiel: „Die Gattin betrügt ihren Mann mit seiner Sekretärin“, resümierte „Sie“, als man sich wieder vertrug, und „Er“ gab trocken zurück: „Das ist ... in der Tat ungewöhnlich.“ Und eine verführerische Fremde entpuppt sich als von Dagmar gedungene Treue-Testerin - freilich in ihrem Urteil recht milde: Bleibt doch der „Vollzug“ weniger aus Charakterstärke aus, denn aus Mangel an Manneskraft. Oder wie es im Stück heißen würde: Gerade nicht so standhaft.

„Bordgeflüster“ ist kein Boulevard der ganz grellen Überzeichnungen. Nicht zuletzt, weil doch immer die Geschichte einer Ehe den Kontext gibt, die immerhin seit 25 Jahren hält — und das im Ganzen offenbar gar nicht so unglücklich. Vielleicht liegt hier ein Unterschied im Ansatz gegenüber der „Komödie“. Denn als im Sommer die Kooperation verkündet wurde, hatte man gerade auch die Verschiedenheit beider Häuser angedeutet. Heiter genug wird es bleiben, das darf man erwarten.

Zumindest beim aktuellen Stück aber war zwar die Story voll von komischen Übertreibungen, aber nicht zu zugespitzt und weniger auf Tabubruch fokussiert. Als typisches Original trägt bei Stößel gerade die Wiedererkennung viel bei zum komischen Effekt. Und neben den Bühnenrollen hat er die Finger auch sonst so ziemlich überall mit im Spiel - ob als Hausherr, Regisseur oder gar kostümiert an der Kasse.

Und so ist es sicher auch die Rolle „Rampensau“ im guten Sinne, mit der Kristof Stößel Fans zum Karlsplatz mitnehmen wird und dort vielleicht manch neuen Zuschauer gewinnt. Bis dahin gibt es noch Gelegenheit, die alte Bühne gleich am Bahnhof Unterbarmen zu besuchen.

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