Knorr: Handarbeit mit Tradition

Die Tischlerei muss nach 55 Jahren an der Fürstenstraße wegen einer Wohnbebauung umziehen.

Knorr: Handarbeit mit Tradition
Foto: Anna Schwartz

Wichlinghausen. „Es muss immer mehr getan und besser gearbeitet werden als verlangt wird“ — das war das Motto von Tischlermeister Walter Knorr, als er 1961 in der Fürstenstraße in Wichlinghausen seinen Betrieb eröffnete, in dem er zunächst kleine Serien von Kleinmöbeln wie Setztische, Nähkästchen, Zeitungsständer oder Paravents herstellte. Das ist nun mehr als 55 Jahre her und wird an dieser Stelle auch nicht fortgesetzt, denn seinem Sohn Joachim Knorr (57) ist zur Jahresmitte gekündigt worden, weil das rund 2000 Quadratmeter große Gelände mit Hoffläche und Einfahrt für Wohnbebauung genutzt werden soll. „So richtig darf ich gar nicht darüber nachdenken“, sagt Joachim Knorr, wenn er wehmütig in die inzwischen geräumte 700 Quadratmeter große Werkhalle blickt.

Knorr: Handarbeit mit Tradition
Foto: Jochen Knorr

Leere Flecken, wo vorher Breitwandschleifmaschine oder Furnierpresse gestanden haben, verwaiste Balken, wo einen Raum weiter das Massivholz gelagert worden ist. Ab der zweiten Jahreshälfte hat die „Werkstätten Knorr GmbH & Co KG“ unweit in der Grafenstraße bei der Firma Neuding eine neue Heimat gefunden. „Wir sind zwar unter einem Dach, aber nach wie vor zwei eigenständige Firmen“, so Joachim Knorr, der auf eine lange Firmentradition zurück blicken kann.

1871 wurde das Unternehmen nämlich von Johann Gottlob Knorr in Wittgensdorf bei Chemnitz gegründet. Erst nach dem zweiten Weltkrieg kamen die Nachfahren, nämlich Paul Knorr und sein Sohn Walter nach Wuppertal, wo sie solide Handwerkskunst produzierten. Ein sichtbares Zeugnis, die Einbauschränke aus Eichenholz im Chef-Büro, die auch jetzt nach mehr als einem halben Jahrhundert noch wie neu aussehen, aber wohl auf dem Müll landen werden.

Den Wahlspruch seines Vaters hat der Diplom-Ingenieur und studierte Innenarchitekt Joachim Knorr weiterhin beherzigt und seinem Unternehmen einen nicht nur deutschlandweit vorzüglichen Ruf verschafft. So wie Vater Walter beispielsweise das Schauspielhaus 1967, das Justizhochhaus oder die Wuppertaler Traditionsunternehmen wie Plutte in Langerfeld, das Autohaus Zeisler mit ansprechender Innenausstattung versah und die Knorr Werkstätten seit 1965 dreimal mit dem Staatspreis des Kunsthandwerks ausgezeichnet wurden, so macht auch Joachim Knorr zusammen mit seinem Team in Fachkreisen positiv von sich reden.

In den 70er-, 80er und 90er Jahren wurden in Zusammenarbeit mit der renommierten Möbel-Designerin Professor Ellen Birkelbach zahlreiche Villen in Wuppertal, Düsseldorf und Umgebung und die Büros und Schalterhallen großer Bankhäuser ausgestattet und dabei zahlreiche eigene Ideen in die Tat umgesetzt. „Was Innovation von Möbeln angeht, macht uns so schnell niemand etwas vor“, stellt Joachim Knorr stolz fest und verweist auch auf Aufträge aus London oder Edinburgh, wo man die Häuser zahlungskräftiger Kundschaft elegant und wohnlich gestaltete. „Da bin ich zuerst in die Städte geflogen, habe vor Ort alles ausgemessen und dann haben wir hier in der Fürstenstraße die Möbel gebaut. Per Spedition ging es dann nach England oder Schottland, und dann haben wir vor Ort alles eingebaut. Ein hoher logistischer Aufwand“, so Knorr, der auf zahlreiche prominente Auftraggeber hinweist. „Die möchten aber nicht genannt werden.“

Prominent die Auftraggeber, oft exotisch ihre Wünsche. „Sehen Sie hier die Kommode. Die ist mit Blattgold belegt worden“, zeigt Knorr das Foto eines glänzenden Prachtstücks. Der außergewöhnlichste Werkstoff? „Rochenhaut. Die ist unglaublich robust und entsprechend schwer zu bearbeiten“, weist der Firmeninhaber auf ein derb genopptes Muster: „Damit wurden Tische bezogen.“

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