Wuppertaler groovt in London, New York, Wien

DJ Marcus Worgull tourt durch Clubs und komponiert eigene Elektro-Stücke.

Wuppertal. "Wir setzen uns in die Sonne - oder?" fragt Marcus Worgull und nimmt an einem der Tische vor dem Kaffeehaus Platz, das dem Winter trotzend die Biergartensaison eingeläutet hat. Er wirkt verändert in seinem Dufflecoat und den Lederschuhen. "Man kommt in die Jahre, da will man nicht immer in Turnschuhen herumlaufen", sagt der 34-Jährige mit ironischem Lächeln, während er die Hand hebt um vorbeilaufende "alte Bekannte" zu grüßen.

Der Wuppertaler gilt als einer der besten Deep-House-DJs Deutschlands. Nur noch selten sieht man ihn in der Stadt. Wenn er nicht gerade an den DJ-Pults der Clubs in New York, Glasgow oder Wien auflegt, sitzt er zu Hause vor seinen Instrumenten und komponiert oder steht hinter der Ladentheke des Plattenladens Groove Attack in Köln - als Inhaber und Geschäftsführer.

"Mit Groove Attack hat alles angefangen", sagt er. Als der Laden damals in Wuppertal als Club - Beat Box -, mit dazugehörigem Plattenladen gegründet wurde, habe er dort sein gesamtes Taschengeld für Schallplatten ausgegeben. Eine heiße Zeit seien die 80er und 90er Jahre im Tal gewesen. Die Beat Box an der Wesendonkstraße galt als bester Club für schwarze Musik in Europa. Dort wurde er sozialisiert. Die Fugees und The Roots haben dort gespielt, bevor sie weltbekannt wurden. "Musik in den Clubs zu hören, setzt in mir Energien frei, denen ich mich vom ersten Moment an nicht mehr entziehen konnte."

Im House-Raum des U-Club begann dann die DJ-Karriere des damals 23-jährigen Literaturstudenten. Schnell folgten weitere Stationen, sein erster Auftritt in London war 2001. "Irgendwann musste ich mich entscheiden: Sich jedes Wochenende die Nächte um die Ohren hauen, durch die Städte touren und unter der Woche im Hörsaal sitzen geht auf Dauer nicht gut."

Die Wahl fiel leicht, "obwohl ich enorme Verantwortung hatte", sagt der stolze Vater eines heute 13-jährigen Sohnes. "Ich wusste nie, ob ich berühmt werde oder besonders gut, ich wusste nur, ich will etwas mit Musik machen." Die begleitete ihn sein Leben lang. Über Jahre hat Worgull Klavier sowie Schlagzeug gespielt und im Chor gesungen. Das hat sich gelohnt: Der Durchbruch kam mit der "Ole EP", benannt nach seinem Sohn.

Mittlerweile hat er neben diversen Remixen drei Platten produziert, die vierte folgt im Mai. "Ich habe Glück- bin bei einem guten Berliner Plattenlabel, Innervisions". Das seien nicht nur Geschäftspartner, sondern auch Freunde. "Die trauen mir was zu, ich kann machen, was ich will und gut finde. Da haben es andere schwerer." DJ sei nun mal auch ein Dienstleistungsberuf. "Elektronische Musik ist aus den Clubs nicht mehr wegzudenken, aber es gibt Unterschiede in der Qualität, nicht jeder kann sich aussuchen, was er spielt."

Jetzt freut sich Worgull erst mal auf zwei Club-Touren: durch die USA und Ende April durch Australien. Was die Zukunft bringt, weiß er nicht. "Dass ich das nicht ewig machen werde, ist klar." Aber es werde sich etwas ergeben - bisher sei es immer so gelaufen. "Davon bin ich überzeugt". Warum er immer noch in Wuppertal wohnt? "Die Stadt ist besonders. Immer noch."

Es sei immer wieder erstaunlich, wie viele Menschen die Stadt kennen. "Außerdem lebt mein Sohn hier." Das sei das Entscheidende - und das Stichwort: Den müsse er jetzt vom Tischtennis-Training abholen. Neben DJ und Komponist ist Marcus Worgull eben auch noch ein ganz normaler Vater.

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