Stadtleben Wo der Weihnachtsmann im Stroh wohnt

Der Verein Youth for Understanding vermittelt Jugendliche in Familien in aller Welt. So auch Joana Hofer und Sebastian Balarezo.

Stadtleben: Wo der Weihnachtsmann im Stroh wohnt
Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. Hongkong, Norwegen oder Usbekistan: Viele bunte Nadeln auf der Weltkarte zeigen, wo die einzelnen Mitglieder der Wuppertaler Familie Hofer schon gewesen sind. Tochter Joana Hofer (19) verbrachte 2013 beispielsweise ein Jahr in Norwegen. Nun lebt Austauschschüler Sebastian Balarezo (18) bis August bei der reiselustigen Familie. Sebastian und Joana erzählen von ihren Erfahrungen und wie die Feiertage in anderen Ländern begangen werden.

„Ich finde es total spannend, andere Kulturen und Lebensweisen kennenzulernen und wollte auch schon immer für ein Jahr ins Ausland. Ich habe mich bei Youth for Understanding beworben und die Zusage für Norwegen bekommen“, berichtet die 19-Jährige.

Auch Sebastian ist über diese Organisation an die Familie Hofer gekommen. „Ich finde Deutschland sehr schön und ich interessiere mich sehr für die Geschichte des Landes“, erzählt der Schüler, der aus Cuenca, der drittgrößten Stadt Ecuadors, stammt. „Ich bin jetzt vier Monate hier. Über die Weihnachtszeit ist es etwas schwer, weil die Familie in dieser Zeit immer sehr eng zusammen ist. Aber meine Gastfamilie tut alles dafür, dass ich mich wohlfühle.“ Für Lateinamerikaner scheinen die Deutschen oft sehr distanziert zu sein, erklärt Joana.

Beide haben bei ihren Aufenthalten in einem fremden Land viel Neues gesehen und erlebt. „Wir haben letztens eine kurze Reise in die Schweiz unternommen und da hat Sebastian das erste Mal in seinem Leben Schnee gesehen. Er hat das Grinsen nicht mehr aus seinem Gesicht bekommen“, erzählt Vater Charles Hofer, der gebürtiger Schweizer ist. „Er kannte auch keinen Herbst. Er hat sich sehr gewundert, als die Bäume ihre Blätter verloren“, ergänzt Mutter Regina Hofer.

Auch das Weihnachtsfest wird in anderen Ländern anders begangen. Joana, die elf Monate auf einem Bauernhof in der Nähe der norwegischen Stadt Stavanger verbrachte, verkleidete sich zum Beispiel als „Fjusnisse“. Diese norwegische Variante des Weihnachtsmannes findet sich im bäuerlichen Umfeld (fjus=Scheune). „Die Bescherung für die Kinder findet in der Scheune statt und es gibt ‘Gröt’, einen süßen Brei. Ich habe mich im Stroh versteckt, als Weihnachtsmann verkleidet. Es ist Brauch, dass die Kleinen den Weihnachtsmann rufen. Die Norweger erzählen, dass der Fjusnisse das Jahr über im Stroh schläft“, erzählt Joana.

In Ecuador wird die Weihnachtszeit mit Verwandten begangen. „Am 24. Dezember gehen wir erst zu meiner ersten Großmutter, der Mutter meiner Mutter. Dort öffnen wir Geschenke, trinken Wein und essen ein paar Kleinigkeiten. Um 24 Uhr essen wir Truthahn. Es gibt bei uns Dienstleister, die den Vogel vorbereiten und dann liefern. Um 1 Uhr werden die Geschenke geöffnet. Dann bleiben alle Familienmitglieder bis 5 Uhr wach und reden miteinander“, erzählt Sebastian. Bei einer Familienfeier in Ecuador sind im Durchschnitt immer 20 Personen anwesend. „Bei einer Geburtstagsfeier sind zum Beispiel immer 100 oder mehr Leute da“, ergänzt Charles Hofer. Der Bräuche rund um den Adventskranz und den Advents-Kalender sind für den jungen Mann neu. „Ich war auch das erste Mal auf einem Weihnachtsmarkt“, sagt er.

„Was ihm zu schaffen macht, ist, dass er seine Familie dieses Weihnachten nicht sieht. Die Menschen in Südamerika sind sehr familienbezogen. Er kommt damit zurecht, dass wir im kleinen Rahmen auf die Familie konzentriert sind“, sagt Regina Hofer. Und so lernt Sebastian viel übers deutsche Weihnachtsfest.

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