„Wir bleiben am Ball“: Politik auf dem Tanzparkett

600 Gäste vergnügten sich am Samstagabend in der Stadthalle — mit Hintergedanken.

Wuppertal. Weißwein, Wiener Walzer und Wildpilze: Auf die richtige Mischung kommt es an. Und auf das entsprechende Taktgefühl: Wer — wie am Samstagabend in der Stadthalle — leichtfüßig über das Parkett gleiten, zugleich jedoch auch ein festes Standbein am Gala-Buffet haben wollte, konnte beim 8. Theaterball den Spagat zwischen Samba und Spargelrahmgemüse, Rumba und Roastbeef, Tango und Tiramisu wagen.

Zuerst mit dem Partner ein Stelldichein auf der Tanzfläche wagen oder doch lieber das Kalbsgeschnetzelte auf den Teller bitten? Rund 600 Gäste konnten diese Frage individuell beantworten — und dabei den eigenen Rhythmus finden.

Erst eimal ging es in den Eröffnungsansprachen allerdings um Allgemeines: um nichts weniger als um die Zukunft des Wuppertaler Theaters. Denn: Ein Tanz dauert wenige Minuten, die Mission „Rettet die Schauspiel-Sparte“ hingegen währt schon seit Jahren. Und da Günter Völker als Vorsitzender der Theaterfreunde Wuppertal nicht nur treibende Kraft in Sachen Bühnen-Erhalt, sondern auch nimmermüder Ball-Organisator ist, erhielt das private Tanzvergnügen gesellschaftliche Relevanz: Glitzernde, glänzend gekleidete Gäste zelebrierten die Benefiz-Veranstaltung zugunsten der Bühnen und der Sinfoniker als eine Symbiose aus kulturellen Leckerbissen, kulinarischen Köstlichkeiten und politischen Anspielungen.

Schließlich war das Motto „Wir bleiben am Ball“ durchaus doppeldeutig gemeint, wie Völker augenzwinkernd erklärte: „Seit fünf Jahren bemühen wir uns dem Erhalt der Schauspiel-Sparte — und um eine dauerhafte kleine Spielstätte. Beide Ziele sind jetzt zum Greifen nahe.“

Völker nutzte die Gunst der Stunde. Dass dank der Theaterfreunde eine neue kleine Bühne auf dem Gelände des Historischen Zentrums entstehen soll (die WZ berichtete), betonte er nicht einfach so, sondern mit einem gezielten Blick Richtung Kämmerer und Kulturdezernent: Johannes Slawig und Matthias Nocke lauschten Völkers Worten in durchaus romantischer Stimmung — an festlich gedeckten Tischen, in trauter kultureller Runde und im Kerzenschein. So legte Völker munter nach: „Wir vertrauen darauf, dass wir im Rathaus und im Stadtrat Einverständnis erzielen, damit unser Ziel Realität wird.“ Und weil sich die Strippenzieher der Kulturszene nicht nur gegenseitig mit viel Lob schmücken sollten, gab es ein passendes Angebot: Wer wollte, konnte einen von 100 Harlekin-Anhängern kaufen — der Erlös soll zum Großteil in die künftige neue Spielstätte fließen.

Während Opern-Chef Johannes Weigand charmantals selbsternannter „Ansager“ — durchs kulturelle Auftakt-Programm führte, bedankte sich sein Schauspiel-Kollege Christian von Treskow vor allem bei der Stadtsparkasse, die zum neuen Groß-Förderer der Wuppertaler Bühnen werden wird, wenn die Stadt — wie geplant — die Zuschüsse kürzt: „Als Intendant kommt man ja ’rum und ich kann nur sagen, dass das bürgerschaftliche Engagement und die Unterstützung der Wirtschaft einmalig sind. Das ist ein Unikum in der gesamten deutschen Theaterlandschaft.“

Vorstandsvorsitzender Peter Vaupel war sichtlich zufrieden: Erst gab’s Applaus für „seine“ Stadtsparkasse, danach ein Tänzchen mit der Gattin. Apropos: Zwar feierten diesmal weniger Gäste als beim letzten Ball vor zwei Jahren, dafür wurde ausgiebig getanzt. Musik im Blut hat vor allem Lutz-Werner Hesse: Der Chef der Musikhochschule legte eine flotte Sohle aufs Parkett. Neben erfahrenen Tänzern mischten sich — auf Einladung von Stadtsparkasse und Barmenia — auch 50 Auszubildende unter die Festgesellschaft. Die Ball-Debütanten genossen den eleganten Ringelreigen auf ihre Weise: Sie verfolgten das Auftaktprogramm von der Galerie aus, fotografierten sich gegenseitig (via Handy) in scheinbar ungewohnter Robe und staunten, was Weißwein, Walzer und Waldpilze so alles bewirken können.

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