Wenn Uli Hoeneß anruft

Der Bayern-Macher feiert Donnerstag seinen 60. Geburtstag. Er gehört zu den prägendsten Personen im deutschen Fußball und hinterließ auch in Wuppertal Spuren.

Wuppertal. Stell’ Dir vor, Du stehst in der CD-Abteilung eines Elektronikmarkts und Uli Hoeneß ruft an. Genau so erging es Thomas Richter im Dezember 2003. Thema des Telefonats: Das Freundschaftsspiel des FC Bayern München beim damaligen Regionalliga-Nord-Spitzenreiter WSV. „Ausgerechnet bei diesem Gespräch drohte mein Handy-Akku den Geist aufzugeben“, sagt Richter, der damals Manager beim WSV war. Bekanntlich klappte der Deal, die Bayern sorgten im Januar 2004 für ein ausverkauftes Stadion (knapp 25.000 Zuschauer) am Zoo. An die Zusammenarbeit mit Hoeneß, der Donnerstag seinen 60. Geburtstag vollendet, schwärmt Richter noch heute in höchsten Tönen. „Das lief absolut professionell, fair und völlig komplikationslos ab“, erinnert sich Richter, der ein gern gepflegtes Klischee von Hoeneß überhaupt nicht bestätigen kann. „Er trat überhaupt nicht arrogant auf, war sehr freundlich und informierte sich ein paar Stunden vor dem Spiel auf der Geschäftsstelle über die Situation des WSV“, sagt Richter.

„Was Uli Hoeneß über Jahrzehnte für den deutschen und auch internationalen Fußball getan hat, ist sensationell. Er hat für Quantensprünge beim FC Bayern gesorgt, dafür zolle ich ihm Respekt und gratuliere“, so Richter, der dem Bayern-Aufsichtsratsvorsitzenden gerne mal im Rahmen eines Praktikums über die Schulter schauen würde. „Aber das wollen wohl Viele“, sagt Richter.

Beim DFB-Pokal-Achtelfinale zwischen dem WSV und den Bayern in der ausverkauften Arena auf Schalke (60.000 Zuschauer) im Januar 2008 staunte Hoeneß nicht schlecht über eine ausgezeichnete erste Halbzeit des wiederum damaligen Regionalliga-Spitzenreiters gegen den haushohen Favoriten. 2:2 lautete das Resultat zur Pause und Hoeneß gestand ein: „Ich habe gedacht, das darf doch nicht wahr sein. So wie die Wuppertaler in der ersten Halbzeit aufgetreten sind, hätten hier viele Mannschaften Schwierigkeiten gehabt.“ In der zweiten Hälfte drehten die Bayern aber auf und siegten standesgemäß mit 5:2. Danach hatte Hoeneß seine Ruhe schnell wieder. Er war nach dem Spiel der einzige Bayer, der locker Autogramme für die WSV-Jugendspieler in der Mixed-Zone schrieb. Typisch Hoeneß, der immer fannah war.

Nicht mehr erinnern, so bekannte er 2004, kann sich der „Mr. Bayern“ an seine Bundesliga-Auftritte als Spieler am Zoo. Emil Meisen (72) dafür umso besser. Zum Beispiel beim 1:1 1972 vor fast 40.000 Zuschauern. „Da hatten die Bayern den Papst in der Tasche, sie schafften den Ausgleich nur durch ein Eigentor“, sagt Meisen, damals Libero beim Erstligisten WSV. „Hoeneß war damals nicht der absolute Star bei Bayern, das waren Beckenbauer und Maier.“ 1974 gewann der WSV gegen die erfolgssatten Bayern sogar mit 3:1 — es nützte nichts. Der WSV stieg bekanntlich ab. Beeindruckender als die Spielerkarriere findet Meisen, der seit seinem 60. Lebensjahr Bayern-Mitglied ist, die Managerkarriere von Hoeneß. „Er verkörpert für mich den FC Bayern und war mit weitem Abstand der überragende Manager in der Bundesliga. Mit seiner Großkotzigkeit hat er oft recht behalten. Er sagt, was los ist. Ich erinnere nur an den Fall Daum. Hoeneß polarisiert — und das tut dem Fußball gut“, sagt Meisen, der unverändert Interesse am WSV hat, aber lange kein Spiel mehr gesehen hat.

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