Von Kenia in den Kaiserwagen

Samuel aus Nairobi wünschte sich, die Schwebebahn zu sehen — einige Wuppertaler machten es ihm möglich.

Wuppertal. Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass Samuel wie an jedem Tag sein Taxi durch die Rushhour von Kenias Hauptstadt Nairobi steuerte. Das Besondere: Sein Fahrgast war ein deutscher Journalist, der einen Artikel über den Taxifahrer schrieb.

Neben einem nicht sehr schmeichelhaften Bild von Deutschland („Ihr seid aber schon etwas rassistisch, oder?“) offenbarte er dabei das Wissen um eine Bahn, die schon seit mehr als 100 Jahren über den Straßen schwebt. „Die würde ich mir gerne einmal ansehen“, erzählte er seinem Fahrgast.

Dass er am Freitag— nur ein Jahr nach dieser Aussage in mehr als 6000 Kilometern Entfernung — tatsächlich mit dem Kaiserwagen quer durch Wuppertal schwebte, verdankt Samuel vor allem Jens Abrigata. Im Internet war der Wuppertaler über den Artikel gestolpert und beschloss, den Kenianer nach Wuppertal einzuladen.

Er gründete die Gruppe „Wir laden Samuel nach Wuppertal ein“ bei Facebook und begann, Spenden zu sammeln. Der Zuspruch war sofort groß — trotzdem war Abrigata noch nicht klar, wie viel Aufwand die Aktion bedeuten würde.

„Die etwas mehr als 1000 Euro für die Flüge hatten wir recht schnell zusammen. Das Schwierigste war es, das Visum zu beschaffen“, sagt Abrigata, während er im Kaiserwagen schwebt. Per Mikrofon bedankte er sich bei etwa 40 Spendern, die von den Stadtwerken ebenfalls zur Fahrt eingeladen wurden.

Das Problem: Irgendjemand musste sich verpflichten, die Abschiebungskosten zu übernehmen, sollte Samuel untertauchen. Abrigata wollte das machen. „Aber ich hatte den Behörden zu wenig Sicherheiten zu bieten“, sagt der 32-Jährige. Doch schließlich fand sich jemand, der die Unterschrift für ihn leistete. Am Donnerstag ist Samuel in Wuppertal angekommen.

Im Kaiserwagen zeigten sich alle Beteiligten begeistert: Wir haben durch die WZ von der Aktion erfahren. Uns war sofort klar, dass wir mithelfen“, sagt der 72-jährige Gerd Strompen. „Wir finden das Engagement toll“, freut sich Klaus-Dieter Hilbertz, der gemeinsam mit seiner Frau die Privatpension zur Verfügung stellt, in der Samuel während seines Aufenthalts wohnt.

Das größte Kompliment machte Jens Abrigata und allen Spendern aber Samuel selbst: Bescheiden, dankbar und sehr interessiert zeigte sich der 33-jährige Taxifahrer. Immer wieder bedankte er sich bei den Spendern und erklärte, wie besonders die Reise für ihn, der noch nie in Europa war, sei: „Wuppertal ist eine schöne Stadt — sehr grün und im Gegensatz zum Verkehr in Nairobi so leise. Und die Menschen sind alle sehr nett und heißen mich herzlich willkommen.“ Dass die Deutschen Rassisten sind, denkt Samuel nach zwei Tagen in Wuppertal nicht mehr.

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