Michael Feindler: Junge Verse statt Massenware

Der Wuppertaler zeigte bei seinem Heimspiel Humor auf hohem Niveau.

Wuppertal. Vor sieben Jahren machte er im Alter von 15 erstmals bei der Formation „Notbremse“ am St.-Anna-Gymnasium mit. Seitdem ist Michael Feindler, gebürtiger Münsteraner mit starker Wuppertaler Verwurzelung, dem Kabarett treu geblieben. Am Donnerstagabend gastierte der 22-Jährige sozusagen beim Heimspiel im Zentrum der Evangelischen Studierendengemeinde.

In dem relativ intimen Ambiente, knapp 45 Zuhörer hatten sich am Oberen Grifflenberg eingefunden, gab der preisgekrönte Humorist lyrische Texte und zeitgenössische Beobachtungen zum Besten. „Allein unter Menschen — neue Fassung“ heißt sein Programm, „das ich so noch nie gespielt habe und vielleicht auch nie wieder so spielen werde“, wie er ankündigte.

Ob der Ausflug ins Atomkraftwerk oder Stolz und Charakter der Deutschen, Erlebnisse mit der Bahn im Allgemeinen oder Stuttgart 21 im Besonderen — was tagespolitisch relevant ist oder in jüngster Vergangenheit war, wird von Michael Feindler aufgegriffen, in Versform gebracht und vorgetragen. „Manchmal enden meine Gedichte etwas abrupt“, was aber niemanden aus dem Publikum zu stören schien. Jeder Beitrag wurde beklatscht.

„Bei manchen Priester wär’ mir wohl, / Missbrauchten sie nur Alkohol“, reimte er in Richtung Margot Käßmann und die katholische Kirche oder „Ein Mensch verschiebt ganz gern die Zeit / Und lebt in der Vergangenheit“ als Zustandsbeschreibung. Abwechselnd trug er frei vor, begleitete sich an der Gitarre oder las aus seinem Buch.

Aus seiner Reihe „Altes für neue Ohren“ wurde Schillers „Glocke“ neu interpretiert („dazu habe ich erstens das Gedicht gekürzt und zweitens seinen Inhalt verändert“), und auch beim „PS-König“, einer Waise nach Goethes „Erlkönig“, in der Kurt-Kevin und Sieglinde die Hauptrollen spielen, wurde ähnlich verfahren. Gradlinig sind seine Texte, variantenreich seine Sprache, was dem Publikum gut gefiel.

Charmant desavouiert er Unstimmiges, augenzwinkernd thematisierte er die Kluft zwischen politischen Versprechen und tatsächlicher Umsetzung. An manchen Stellen wünschte man sich mehr Biss und Entschiedenheit in Richtung kompromisslos-böser Brillanz. Aber vielleicht kann ein 22-Jähriger auch noch gar nicht komplett renitent sein — und vielleicht setzt er mit poetischer Art und unorthodoxer Vortragsform auch einen hübschen Kontrapunkt zur sonstigen kabarettistischen Meterware.

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