Im Atelier fand sie ihr Glück

Monika Hohwarde arbeitet seit 50Jahren im gleichnamigen Modehaus. Kein Wunder: Ihr einstiger Chef ist heute ihr Mann.

Wuppertal. Hätte sie die Chance, ihr Leben noch mal zu beginnen, "würde ich alles wieder ganz genauso machen", sagt Monika Howahrde. 1958 trat die gelernte Modistin noch unter ihrem Mädchennamen Molkentin als Pelznäherin in das Unternehmen Howahrde ein - für diese lange Zeit im Betrieb wurde sie jetzt ausgezeichnet (siehe Kasten). Ihren späteren Mann Hans-Peter, den damaligen Junior-Chef, lernte sie im Atelier kennen. "Ich mochte ihn von Anfang an." Und obwohl Seniorchefin Luise, die Schwiegermama in spe, erst gar nicht begeistert war, haben sich die Liebenden nicht beirren lassen.

"Zusammen haben wir jetzt 100 Jahre auf dem Buckel. Denn Privat- und Berufsleben ließen sich bei uns nie trennen", berichtet die Jubilarin. Ihren Beruf, den sie gleichzeitig als "schönstes Hobby" beschreibt, mag sie, weil er "so abwechslungsreich ist. Das ist jeden Tag etwas Neues."

Den Umgang mit ihren Kundinnen "liebt" sie, um den reinen Verkauf gehe es nie. "Einen absurden Satz wie ‚das trägt man jetzt so!’ gibt es bei uns nicht." Und weil Monika Howahrde lieber Lust, Freude und ein Einkaufserlebnis vermittelt, entwickelt sich auf diese Weise oft ein "persönlicher Draht" zu den Kundinnen. Entsprechend lang ist der Anekdotenschatz, aus dem die 68-Jährige erzählen kann.

"Meine Mutter ist die mutigste Frau", wirft Tochter Andrea, zusammen mit Schwester Petra längst die nächste Generation im Familienunternehmen, ein. Einen Dieb, "er trug einen kornblumenblauen Trenchcoat mit passendem Hut und kam mir gleich so komisch vor", konnte die Jubilarin vor Jahren dingfest machen. "Das Geschäft war proppevoll - und als ich mich kurz umdrehte, schnappte sich der Typ eine Jacke mit Pelz und verschwand." Quer über den Werth verfolgte die Geschäftsfrau den Mann ("das war natürlich auch leicht - er sah ja so auffällig aus") und konnte ihn schließlich stellen.

Viel lieber als an diese "Heldinnengeschichte", wie Tochter Andrea sagt, erinnert sie sich aber an eine überaus melancholische Begebenheit. Eine "sehr kleine, zart ausschauende Dame" entschied sich für einen bodenlangen Mantel. Und als ihr Vater mit leicht zittriger Hand den Scheck dafür ausfüllte, sagte die zarte Frau: "Vielleicht kann ich den Nerz nie tragen. Aber ich freue mich so!" "Dieses ‚ich freue mich so!’ habe ich nie vergessen", erinnert sich Monika Howahrde. Denn wenig später, so erfuhr sie, war die todkranke Frau gestorben. Dieser Mantel war offensichtlich ihr letzter Herzenswunsch gewesen.

Mehr mag Monika Hohwahrde dann aber doch nicht aus dem Nähkästchen plaudern. "Hier im Geschäft erfahren wir natürlich einiges." Aber Klatsch ist ihre Sache nicht. Anstelle dessen denkt Frau Hohwahrde inzwischen lieber darüber nach, was sie mal jenseits der Berufstätigkeit machen möchte. Was nach so vielen Arbeitsjahren nicht wirklich leicht fällt: "Etwas ganz anderes anfangen? Ob ich das wohl noch kann? An den Gedanken muss ich mich erst einmal gewöhnen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort