Ein Kantor im Weihnachtsstress

„Vor der Bescherung wollen viele noch Besinnung pur“, weiß Stefan Starnberger, für den in diesen Tagen Hochsaison ist. Zum ersten Mal feiert er Weihnachten in Wuppertal.

Barmen. Weihnachtslieder in der Kirche singen, Glocken läuten hören, die Krippe besuchen, einen festlichen Gottesdienst oder eine besinnliche Andacht miterleben — für viele Menschen gehört das zum Weihnachtsfest unbedingt dazu.

Was für die einen zur Stimmung und zum Gefühlsleben an Weihnachten beiträgt, ist für andere ziemlich anstrengende Arbeit. Für Kantor Stefan Starnberger ist es das erste Weihnachtsfest, das er an der St. Antonius Kirche in Barmen mitgestaltet. „Das beginnt schon im Advent mit zusätzlichen Rorate-Messen frühmorgens um 6.30 Uhr und musikalischen Andachten mit offenem Singen“, erzählt er. „Und es stehen intensive Proben mit den Kinder- und Jugendchören und mit den Erwachsenen im Antonius-Chor an.“

Mit den Kindern übt der 42-Jährige die Weihnachtslieder, mit den Erwachsenen die „Missa Papae Marcelli“, eine Messe von Giovanni Pierluigi da Palestrina, die am ersten Feiertag im festlichen Hochamt um 10.30 Uhr gesungen wird. „Die ist nicht ganz einfach, weil sie sechsstimmig ist und unbegleitet gesungen wird“, erläutert Starnberger.

Er muss als Organist auch selbst Übungsstunden einplanen, weil um 12 Uhr sogleich die Weihnachtsmesse mit Musik von Händel, Bach und Loeillet folgt, für die er Flötistin Andrea Engelmann eingeladen hat. Und weil an Hochfesten alles etwas größer sei, müsse auch das Orgelspiel, etwa als festlicher Einzug, eine Nummer gewichtiger ausfallen.

Damit nicht genug — der erste Weihnachtstag birgt noch eine abendliche Vesper um 18 Uhr, in der sechs Damen von der Vesperschola singen, und die Abendmesse um 19 Uhr.

„Die Messe morgens um 9 Uhr in Herz-Jesu, die ich sonst auch mit betreue, muss aber ausfallen, weil die Schwebebahn nicht vor zehn Uhr fährt.“ Kein Wunder, dass Starnberger hierüber nicht böse ist.

Ähnlich komplex ist der zweite Feiertag gestaltet, nur die 19-Uhr-Messe hat Stefan Starnberger am Festtag des Heiligen Stephanus freibekommen, um seinen eigenen Namenstag feiern zu können: „Da springt mein Vertreter Karl-Michael Vitt für mich ein.“ Überhaupt falle Weihnachten in diesem Jahr zwar arbeitnehmerfreundlich, aber für Kirchenmusiker eher unfreundlich, wie er lachend gesteht — weil die Feiertage mitten in der Woche lägen.

Das beginnt mit dem Heiligabend am Dienstag. „Es geht um 15 Uhr los mit dem sogenannten ,Krabbel-Gottesdienst’ für Kindergarten-Kinder und deren Eltern.“ Und natürlich spielt Starnberger wieder Klavier und Orgel und singt die bekannten Weihnachtslieder, die auch in den Kindergärten vorher geübt wurden. Um 17.30 Uhr folgt die Familien-Christmette. „Die ist ziemlich anstrengend — auch wegen des Geräuschpegels“, weiß Starnberger.

Hierbei singen die Kinderchorgruppen zusammen mit der Gemeinde die schönen alten Lieder: „Vor der Bescherung wollen viele noch Besinnung pur — das kann das Fernsehen alleine nicht abdecken.“ Und um 21.30 Uhr schließlich rufen die Glocken zur eigentlichen Christmette, für die der Antonius-Chor Teile aus Händels Messias mit Orgelbegleitung geübt hat.

Volles Programm also für den neuen Kantor, der sich auch im Januar noch nicht entspannt zurücklehnen kann: Traditionell bereitet St. Antonius auch die Sternsinger-Aktionen am 5. und 6. Januar vor.

Bleibt bei so vielen Diensten überhaupt noch Zeit, selbst Weihnachten zu feiern? „Natürlich“, sagt Starnberger. „Meine Frau und ich singen in unserer Wohnung im Briller Viertel am Flügel auch die Weihnachtslieder, wir haben einen Weihnachtsbaum und eine kleine Krippe.“ Und er fügt schmunzelnd hinzu: „Der Besuch, der kommt, muss einfach mit in die Kirche!“

“ Weitere Informationen zur Kirchenmusik gibt es online unter

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